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Medizinische Information:

T.0800 075 2002

Mo. bis Fr. 9:00 bis 17:00 Uhr

Für Patient:innen und Angehörige

Hier finden Sie Informationen zu verschiedenen Krebsarten und deren Behandlung sowie hilfreiche Inhalte zum Thema Leben mit Krebs.

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Dank des medizinischen Fortschritts steigt die Lebenserwartung von Krebspatient:innen kontinuierlich. Neue Therapien wie die Immunonkologie sowie erweiterte Behandlungsmöglichkeiten selbst für fortgeschrittene Krankheitsstadien führen dazu, dass Patient:innen mit onkologischen Erkrankungen zunehmend länger und besser überleben. Krebspatient:innen, die noch vor einigen Jahren als „final und austherapiert“ galten, können heute behandelt werden. Es bleibt nicht aus, dass bei den oft über lange Zeit behandelten Krebspatient:innen auch plötzliche Notfälle auftreten. Es ist wichtig, dass Sie mögliche Notfallsituationen erkennen, damit Sie schnell und entschlossen handeln können. So leisten Sie einen unschätzbaren Beitrag dazu, dass „Ihre“ Krebspatient:innen die Chance auf ein gutes langfristiges Überleben bei der bestmöglichen Lebensqualität bekommen.

Notfallsituationen können durch die Krebserkrankung selbst verursacht oder Folge der Therapie sein. Je nach Ursache werden metabolische, hämatologische, kardiovaskuläre, infektiologische, neurologische und pulmonologische Notfälle unterschieden. Schwerwiegende Nebenwirkungen der immunonkologischen Therapie werden als immunvermittelte Notfälle bezeichnet.

Onkologische Notfälle und Komplikationen erfordern ein professionelles Management: Essentiell sind grundlegende Kenntnisse zur Vermeidung dieser Probleme. Zudem sind das frühzeitige Erkennen und das richtige Handeln für alle an Patient:innen tätigen Fachkräfte von wichtiger Bedeutung.

Im Folgenden sind die häufigsten Notfallsituationen beschrieben – dazu gibt es hilfreiche Tipps für die Pflegepraxis, damit Sie Ihre Patient:innen professionell bei der Bewältigung der Erkrankung und eventuellen Problemsituationen unterstützen können.

Wachsam sein, Notfälle frühzeitig erkennen

Wichtig ist, dass Sie Notfallsituationen rasch erkennen, den zuständigen Arzt oder die zuständige Ärztin unverzüglich informieren und schnell und richtig handeln. Seien Sie jederzeit aufmerksam, behalten Sie Ihre Patient:innen gut im Blick und nehmen Sie auch kleine Veränderungen wahr. Im Folgenden finden Sie eine kleine Übersicht über wichtige Punkte, die Sie beachten sollten.

  • Gut zu wissen: Hat der Patienten oder die Patientin ein erhöhtes Risiko für bestimmte Komplikationen?
  • Sind die Laborwerte normal oder auffällig?
  • Messen Sie regelmäßig die Vitalzeichen Puls, Blutdruck, Sauerstoffsättigung, Temperatur
  • Fragen Sie den Patient oder die Patientin nach Auffälligkeiten, Beschwerden, Schmerzen
  • Beurteilen Sie die folgenden Aspekte
    • Allgemeinzustand
    • Bewusstseinszustand (Verwirrung, Schwindel, Schläfrigkeit)
    • Körperliche Belastbarkeit
    • Atmung
    • Flüssigkeitsaufnahme und Urinausscheidung
    • Nahrungsaufnahme und Appetit: Gibt es Veränderungen?
    • Körperpflege
    • Ruhen und schlafen
    • Sich bewegen
    • Sich beschäftigen
    • Essen und Trinken
    • Wassereinlagerung (Ödembildung) oder Austrocknung (Exsikkose)
    • Einblutungen in die Haut oder die Schleimhäute
    • Hinweise für Infektionen
    • Eintrittspforten für Keime (Katheter, kleine Wunden)
    • Gefühlsstörungen oder Muskelschwäche
    • Temperatur und Temperaturempfinden des Patienten oder der Patientin

Achten Sie zudem auf eine einwandfreie Hygiene im Umgang mit Patient:innen, vor allem bei der Wundversorgung und im Umgang mit Fremdmaterial, wie bei der Katheterpflege. Auch die Infusion von Medikamenten, vor allem von Chemotherapeutika, muss von Beginn an konsequent überwacht werden.

Haben Sie den Verdacht, dass ein Notfall vorliegt oder sich entwickeln könnte, verständigen Sie umgehend den behandelnden Arzt oder die behandelnde Ärztin.

Metabolische NotfälleVon Bergwelt-Baildon M. Hämatologische und onkologische Notfälle. Best practice Onkologie 2013; 3/4(9):24-32 Haak T. Diabetische Notfälle. Ketoazidose und Koma. Der Allgemeinarzt 2016; 38: 54 – 58

Syndrom der inadäquaten Sekretion von antidiuretischem Hormon (SIADH)

Was ist ein SIADH

Dieses Syndrom wird durch eine Hormonstörung verursacht und tritt bei einigen Tumorerkrankungen auf. Es wird zu viel antidiuretisches Hormon (ADH) in den Blutkreislauf abgegeben, dies verursacht einen Wasserüberschuss und eine Verdünnung der Natriumkonzentration (Hyponatriämie). Manche Tumore produzieren das Hormon ADH selbst, eine vermehrte Freisetzung aus der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) kann jedoch auch als Nebenwirkung von Medikamenten (Chemotherapeutika, Psychopharmaka) auftreten, ebenso können Infektionen des Gehirns oder der Lunge diesen Effekt haben. Der entstehende Natriummangel kann zu Kopfschmerzen, im Extremfall zu Verwirrung bis hin zum Koma und Tod führen.

Diagnose

Diagnostiziert wird das SIADH über eine Harn- und eine Blutuntersuchung, zudem sind Symptome eines zu niedrigen Natriumspiegels vorhanden, wie Bewusstseinsstörung, Verwirrung, Müdigkeit, Halluzinationen, Muskelschmerzen und Krämpfe.

Behandlung

Notwendig ist eine ärztliche Behandlung der Ursache der Hormonstörung sowie die Wiederherstellung des normalen Verhältnisses von Wasser und Natrium. Dies kann durch Beschränkung der Wasseraufnahme und/oder der zusätzlichen Gabe von Natrium oder durch bestimmte Medikamente erreicht werden. Bei der intravenösen Gabe von Natrium werden behandelnde Ärzt:innen auf eine sehr langsame Infusionsgeschwindigkeit achten, da es bei einem schnellen Anstieg zu einer Schädigung des Gehirns (Schädigung der Umhüllung von Nervenfasern im Bereich des Hirnstamms: pontine Myelinolyse) mit teilweise schwerwiegenden neurologischen Folgen kommen kann.

Wie erkenne ich diesen Notfall?

Anzeichen für diese Störung des Wasser- und Elektrolythaushaltes sind Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Veränderungen der Persönlichkeit und Muskelschmerzen oder –krämpfe.

Welche Patient:innen sind gefährdet?

  •  Patient:innen mit ADH -produzierenden Tumoren
  •  Patient:innen mit Hirnmetastasen
  •  Nebenwirkung von Chemotherapeutika oder Psychopharmaka

Wie kann ich Ärzt:innen unterstützen?

Aufmerksam die Patient:innen im Blick haben, auch kleine Veränderungen wahrnehmen und die behandelnden Ärzt:innen informieren. Bei Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten frühzeitig für Ausgleich sorgen.

Tipps und Tricks

Liegt ein niedriger Natriumspiegel vor, besteht oft gleichzeitig ein erniedrigter Kaliumspiegel. Wird Kalium verabreicht, steigt gleichzeitig auch der Natriumspiegel. Daher trägt der Ausgleich des Kaliummangels auch zum Ausgleich einer Hyponatriämie bei.

HyperkalzämieVon Bergwelt-Baildon M. Hämatologische und onkologische Notfälle. Best practice Onkologie 2013; 3/4(9):24-32 Schultheis B. et al. Onkologische Notfälle. Stoffwechsel- und Gerinnungsstörungen. Best practice Onkologie | 6 · 2010 5: 40–47

Was versteht man unter einer Hyperkalzämie?

Unter einer Hyperkalzämie versteht man einen erhöhten Kalziumspiegel im Blut. Bei etwa einem Viertel der onkologischen Patient:innen ist der Kalziumspiegel zu hoch, vor allem bei Patient:innen mit Knochenmetastasen von Tumoren, die kalziumfreisetzende Hormone bilden. Die Ausprägung der Symptome hängt von der Kalziumkonzentration ab. Ein leicht erhöhtes Kalzium wird oft nicht bemerkt, bei höheren Werten kommt es dann zu Müdigkeit und gesteigertem Durstgefühl sowie vermehrter Harnausscheidung mit Austrocknung und Nierenversagen. Ein deutlich zu hoher Kalziumspiegel kann lebensbedrohlich sein: es können Herzrhythmusstörungen, neurologische und gastrointestinale Beschwerden auftreten.

Diagnose

Die Diagnose kann über die Bestimmung des Kalziumspiegels im Blut gestellt werden.

Behandlung

Mit verschiedenen Maßnahmen kann der Arzt die Kalziumausscheidung erhöhen und die Freisetzung aus dem Knochen bzw. die Kalziumaufnahme aus der Nahrung hemmen. Zudem muss der Flüssigkeitsmangel ausgeglichen werden.

Wie erkenne ich diesen Notfall?

Achten Sie auf Müdigkeit oder Bewusstseinsstörungen sowie auf übermäßigen Durst und Zeichen des Flüssigkeitsmangels, wie trockener Mund und Zunge, stehende Hautfalten, dunkler, konzentrierter Urin.

Welche Patient:innen sind gefährdet?

Wie kann ich Ärzt:innen unterstützen?

Achten Sie auf eine ausreichende Trinkmenge und steuern Sie bei erhöhten Flüssigkeitsverlusten frühzeitig dagegen. Beobachten Sie Ihre Patient:innen genau und hinterfragen Sie auch kleine Veränderungen. Verständigen Sie die behandelnden Ärzt:innen. Im Zweifelsfall kann eine Blutuntersuchung Klarheit bringen.

Tipps und Tricks

  • Von einer „hyperkalzämischen Krise“ spricht man ab einem Serumkalzium vom > 3,5 mmol/l. Ab diesem Wert treten eine vermehrte Harnmenge, Austrocknung, Erbrechen, Fieber bis hin zu einem Koma auf. Die Sterblichkeit einer hyperkalzämischen Krise liegt bei bis zu 50%.
  • Es handelt sich bei der hyperkalzämischen Krise um die häufigste lebensbedrohliche Entgleisung des Hormon- und Mineralhaushaltes.

Diabetische Ketoazidose (DKA)Haak T. Diabetische Notfälle. Ketoazidose und Koma. Der Allgemeinarzt 2016; 38: 54 – 58

Was ist eine diabetische Ketoazidose?

Die diabetische Ketoazidose ist eine schwerwiegende Akutkomplikation vorwiegend des Typ-1-Diabetes mellitus mit absolutem Insulinmangel mit einer starken Erhöhung des Blutzuckerspiegels über 300 mg/dl, der Bildung von sog. Ketonkörpern aus dem Fettgewebe und einer Übersäuerung des Bluts (Azidose).

Sie kann unter anderem auftreten

  • als Erstmanifestation eines Typ-1-Diabetes
  • bei Unterbrechung einer laufenden Insulintherapie bei Typ-1-Diabetikern (u. a. auch aufgrund technischer Ursachen wie verstopfte Kanülen oder gestörte Funktion einer Insulinpumpe)
  • bei plötzlich erhöhtem Insulinbedarf, z. B. bei einem schweren Infekt oder bei schweren Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder einer unerkannten Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose).

Diagnose

Zur Diagnose führen ein erhöhter Blutzuckerspiegel sowie ein zwei- bis dreifach positiver Ketonkörpernachweis im Urin (Teststreifen). In der Klinik erfolgen eine Blutgasanalyse sowie die Bestimmung der Serum-Elektrolyte, des Serum-Kreatinins, des Blutbildes sowie des CRP zum Ausschluss einer schweren Infektion.

Therapie

Eine Intensivüberwachung mit Kontrolle der Vitalparameter, Flüssigkeitsbilanzierung (zentraler Venenkatheter) und engmaschigen Laborkontrollen ist unbedingt erforderlich.

Die Therapie der diabetischen Ketoazidose soll im Wesentlichen

  • die Dehydratation ausgleichen
  • den Insulinmangel beheben
  • die Elektrolytverschiebung ausgleichen
  • die komaauslösenden Primär- oder Begleiterkrankungen behandeln

Wie erkenne ich die diabetische Ketoazidose?

Typische Symptome einer so starken Blutzuckererhöhung sind

  • Verwirrtheit, Sehstörungen, Kraftlosigkeit und Muskelschwäche
  • Erhöhte Harnmenge, vermehrtes Trinken
  • Niedriger Blutdruck und erhöhte Herzfrequenz aufgrund eines Volumenmangels
  • Pseudoperitonitis: ein Bild, das der Peritonitis ähnelt, mit Übelkeit und Erbrechen
  • sog. Kußmaul-Atmung: vertiefte Atmung, um die Übersäuerung des Bluts (Azidose) auszugleichen
  • Azetongeruch: fruchtig, faulig, süß riechender Geruch des Atems

Welche Patient:innen sind gefährdet?

  • Typ-1-Diabetiker:innen
  • Patient:innen, die eine immunonkologische Therapie erhalten

Wie kann ich Ärzt:innen unterstützen?

Achten Sie bei Ihren Patient:innen auf Veränderungen des Allgemeinzustands und speziell auf Schwäche, Verwirrtheit, Harn- und Trinkmenge und auf einen obstartigen Geruch der Atemluft.

Tipps und Tricks

  • Achten Sie bei Patient:innen, die mit Insulin behandelt werden, auf die Funktionsfähigkeit der Applikationssysteme.

Hämatologische Notfälle

LeukostaseSchellongowski P., Staudinger T. Leukostase und Tumorlyse. Internistische Intensivmedizin. Internist 2013 · 54:1051–1060.

Was versteht man unter einer Leukostase?

Unter einer Leukostase versteht man sinngemäß das „Festkleben“ (Adhäsion) von Leukozyten an den Gefäßwänden bei deutlich erhöhten Leukozytenwerten. Durch viele unreife, weiße Blutkörperchen (Leukozyten), eine schlechtere Fließfähigkeit des Blutes und eine vermehre Anhaftung an der Gefäßwand kommt es zu einer Verstopfung der Blutgefäße. In der Folge werden Organe und Gewebe schlechter durchblutet und können nicht mehr richtig funktionieren. Betroffen sind vor allem Hirn und Lunge.

Diagnose

Die Diagnosekriterien der Leukostase sind nicht klar definiert. Neben den erhöhten Leukozytenzahlen liegen meist neurologische Auffälligkeiten in Kombination mit Atemproblemen vor. Andere Ursachen erhöhter Leukozytenzahlen müssen ausgeschlossen sein.

Behandlung

Um diese Störung zu behandeln, muss die Anzahl der weißen Blutzellen vermindert werden. Der Arzt verabreicht hierzu Medikamente, er führt eine Blutwäsche (Leukapherese) durch und behandelt die Grunderkrankung (Leukämie). Damit kann das Fortschreiten des Organversagens verhindert werden.

Wie erkenne ich diesen Notfall?

Typisch sind neurologische Beschwerden wie Schwindel, Verwirrung, Tinnitus, eingeschränktes Sehvermögen und Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma. Zudem liegen meist Atembeschwerden und Luftnot vor, diese können auch sehr ausgeprägt sein.

Welche Patient:innen sind gefährdet?

  • An Leukämie erkrankte Patient:innen (bis etwa 20 %)
    • Insbesondere bei myeloblastischer Erkrankung (z.B. akute myeloblastische Leukämie [AML])

Wie kann ich Ärzt:innen unterstützen?

Im Verdachtsfall informieren Sie die behandelnden Ärzt:innen. Versorgen Sie die Patient:innen nach Anweisung der Ärzt:innen mit Flüssigkeit, jedoch in Maßen.

Tipps und Tricks

  • Maßnahmen zur Verminderung der Leukozytenzahl sollten Ärzt:innen in die Wege leiten, wenn sich die Patient:innen noch in einem guten Allgemeinzustand befindet.

TumorlyseReif, K. Tumorlysesyndrom. In: Schleucher N, Barth J, Krämer I, Ritterbusch U, eds. Vademecum für die Onkologie Von der Therapie bis zur Pflege. München: Zuckschwerdt Verlag, 2015; p. 192-193.

Was versteht man unter einer Tumorlyse?

Es handelt sich um einen spontanen oder durch die Chemotherapie verursachten Zerfall von Tumorzellen mit massenhaftem Austritt von Zellbestandteilen ins Blut. Es kommt dadurch zu erhöhten Spiegeln von Mineralstoffen im Blut.

Diese Elektrolytstörungen und die Ablagerung von Harnsäure in den Nieren (Uratnephropathie) können ein akutes Nierenversagen auslösen. Es können lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen und neurologische Veränderungen bis hin zum epileptischen Anfall entstehen.

Diagnose

Die Diagnose wird über die typischen Laborveränderungen (Elektrolyte, Harnsäure, Nierenwerte) bei Patient:innen mit großer Tumormasse und schnell wachsenden Tumoren gestellt.

Behandlung

Um eine Tumorlyse zu vermeiden, beginnen Ärzt:innen die Chemotherapie in niedriger Dosierung. Bei Risikopatient:innen wird er bereits zu Beginn eine Prophylaxe mit Flüssigkeitsgabe sowie mit Medikamenten verordnen, um die Harnsäurebildung verringern.

Liegt bereits ein Tumorlysesyndrom vor verabreichen Ärzt:innen den Patient:innen reichlich Flüssigkeit und Medikamente, die die Ausscheidung von Flüssigkeit und Mineralstoffen fördern (Diuretika). Lässt sich die Entgleisung so nicht kontrollieren, kann eine Blutwäsche (Dialyse) durchgeführt werden.

Wie erkenne ich diesen Notfall?

Es gibt keine spezifischen Anzeichen für eine Tumorlyse. Es können Übelkeit, Herzrhythmusstörungen, eine verminderte Urinmenge, Müdigkeit, Muskelkrämpfe und Bauchschmerzen auftreten.

Welche Patient:innen sind gefährdet?

  • Patient:innen mit großer Tumormasse
  • Patient:innen mit schnell wachsenden, aggressiven Tumoren
  • Patient:innen mit Leukämien und Lymphomen
  • Patient:innen mit Tumoren der Lunge oder der Brustdrüse

Wie kann ich Ärzt:innen unterstützen?

Versorgen Sie die Patient:innen nach Anweisung der Ärzt:innen mit ausreichend Flüssigkeit und überwachen Sie die Vital- und Laborparameter engmaschig.

Tipps und Tricks

  • Informieren Sie unverzüglich die Ärzt:innen, wenn Sie bei Ihren Patient:innen den Verdacht auf ein Tumorlysesyndrom haben. Es handelt sich um einen lebensbedrohlichen Zustand, der rasches Handeln erfordert.

Disseminierte intravasale Gerinnung?Schultheis B. et al. Onkologische Notfälle. Stoffwechsel- und Gerinnungsstörungen. Best practice Onkologie | 6 · 2010 5: 40–47 Dubs, A. Notfälle in der Onkologie. Schweizerische Interessengemeinschaft Notfallpflege 2010. Schleucher N. et al. Verbrauchskoagulopathie (disseminierte intravasale Gerinnung). In: Schleucher N, Barth J, Krämer I, Ritterbusch U, eds. Vademecum für die Onkologie. Von der Therapie bis zur Pflege. München: Zuckschwerdt Verlag, 2015; p. 138-139. Feinstein, D. Disseminated intravascular coagulation in patients with solid tumors. Oncology. 2015 Feb; 29(2):96-102.

Was versteht man unter disseminierter intravasaler Gerinnung?

Bei der disseminierten intravasalen Gerinnung, abgekürzt DIC, aktivieren Botenstoffe des Tumors das Gerinnungssystem. Es kommt zu einer überschießenden Blutgerinnung, viele kleine Blutgerinnsel entstehen. Diese verstopfen die Blutgefäße in Organen wie z.B. Herz, Lunge und Nieren; die Organe werden nicht mehr richtig durchblutet und können ihre Funktion nicht mehr richtig erfüllen.

Die überschießende Blutgerinnung geht mit einem übermäßigen Verbrauch an Gerinnungsfaktoren einher, sodass diese dann weitgehend aus dem Blut verschwinden. Als Folge kann bei der Erkrankung nicht nur eine vermehrte Blutgerinnung, sondern wegen eines Mangels an Gerinnungsfaktoren gleichzeitig eine Blutungsneigung bestehen („Verbrauchskoagulopathie“). Bei der akuten Form verschlechtert sich der Zustand des Patienten rasch innerhalb weniger Stunden mit schwerwiegenden Funktionsstörungen der Organe und Blutungen. Bei Tumorerkrankungen findet man jedoch eher die chronische Form, die sich über Wochen und Monate entwickelt und bei der meist nur die Gerinnselbildung vorliegt, keine Blutungen.

Diagnose

Bei der akuten Form zeigen sich typische Einblutungen am ganzen Körper, vor allem an Haut und Verdauungstrakt, Nierenversagen und Atemnot. Die chronische Form ist gekennzeichnet durch einen Verlauf mit wenigen Symptomen bzw. mit Symptomen, die durch Gefäßverschlüsse (Darmvenenthrombose, Beinvenenthrombose, Lungenembolie, u. a.) verursacht werden.

Behandlung

Als Basismaßnahme erfolgt die Behandlung der Grunderkrankung, ansonsten kann das Krankheitsbild nicht beeinflusst werden. Es erfolgen unterstützende Maßnahmen wie die Gabe von Flüssigkeit und Mineralstoffen. Eine gute Sauerstoffversorgung ist wichtig, wenn nötig auch mit maschineller Unterstützung. Das Nierenversagen kann mit einer Dialyse überbrückt werden. Es erfolgt eine Blutverdünnung mit Heparin und die verbrauchten Gerinnungsfaktoren können ersetzt werden.

Wie erkenne ich diesen Notfall?

Bei der akuten Form verschlechtert sich der Allgemeinzustand der Patient:innen sehr schnell. Es entwickelt sich Atemnot, die Urinmenge ist deutlich vermindert oder es wird gar kein Urin mehr ausgeschieden und am ganzen Körper kommt es zu Einblutungen. Bei der chronischen Form stehen Symptome der Blutgerinnselbildung (thromboembolische Ereignisse) im Vordergrund (s. u.).

Welche Patient:innen sind gefährdet?

Wie kann ich Ärtz:innen unterstützen?

Im Verdachtsfall informieren Sie umgehend die behandelnden Ärzt:innen. Vermeiden Sie weitere Schädigungen an Haut und Bindegewebe durch Gefäßpunktionen, Rasieren und zu enge oder stark klebende Verbände und verbinden Sie offene Stellen und blutende Wunden.

Tipps und Tricks

  • Die disseminierte intravasale Gerinnung ist eine sehr schwere Erkrankung. Daher sollten Sie umgehend die Ärzt:innen benachrichtigen, wenn Ihnen Einblutungen oder eine rasche Verschlechterung des Allgemeinzustandes auffallen.

Was ist eine Thrombose/eine Embolie?

Unter einer Thrombose versteht man ein Blutgerinnsel im Gefäßsystem. Ursächlich dafür sind Veränderungen der Gefäßwand, der Fließgeschwindigkeit oder der Blutzusammensetzung (Virchow-Trias). Eine Embolie ist ein teilweiser oder vollständiger Verschluss eines Blutgefäßes durch eingeschwemmtes Material (Embolus, häufig ein Blutgerinnsel, Fett).

Bei vielen onkologischen Patient:innen liegen komplexe Gerinnungsstörungen vor. Blutungskomplikationen sind eher selten, häufig treten Thrombosen und Embolien auf. Manche Tumorarten gehen mit einer vermehrten Gerinnungsneigung einher, in anderen Fällen werden Blutgefäße durch Tumorknoten von außen eingedrückt und durch den gestörten Blutfluss kommt es zur Bildung eines Gerinnsels (z. B. bei Lymphomen).

Diagnose

Eine Thrombose zeigt sich bei etwa der Hälfte der Patient:innen durch eine Schwellung, bläuliche Verfärbung, Schmerzhaftigkeit und Überwärmung der Extremität. Bei Verdacht muss eine Ultraschalluntersuchung (Sonographie) des Venensystems durchgeführt werden. Bei einer Beinvenenthrombose und Brustschmerzen oder Atemnot muss an eine Lungenembolie gedacht werden. Hierbei handelt es sich um einen lebensbedrohlichen Notfall durch Verschluss einer Lungenarterie durch ein Gerinnsel. Zur Diagnose s wird üblicherweise eine Computertomographie des Brustkorbs (Thorax-CT) durchgeführt.

Behandlung

Zur Behandlung von Thrombosen und Lungenembolien verabreichen Ärzt:innen Heparin, das das Blutgerinnsel wieder auflöst oder eine Größenzunahme des Gerinnsels verhindert. Patient:innen mit einer Beinvenenthrombose müssen in der Regel nicht immobilisiert und auch nicht stationär behandelt werden. Das Vorgehen und die Prognose bei einer Lungenembolie hängt davon ab, welche Lungengefäße betroffen sind.

Wie erkenne ich diesen Notfall?

Achten Sie auf klinische Hinweise einer Thrombose (Schwellung, Verfärbung, Schmerzhaftigkeit und Überwärmung der Extremität) oder Lungenembolie (Atemnot, Schmerzen in der Brust, Hustenreiz). Schauen Sie sich den ganzen Patient:innen an, vor allem auch die Beine.

Welche Patient:innen sind gefährdet?

Wie kann ich Ärzt:innen unterstützen?

Mobilisieren Sie Ihre Patient:innen regelmäßig durch Motivation der Patient:innen in Abhängigkeit von ihrem Allgemeinzustand, die Mahlzeiten am Tisch einzunehmen, kurze Spaziergänge über die Station zu unternehmen oder selbstständig Körperpflege zu betreiben. Achten Sie auf eine ausreichende Trinkmenge. Im Verdachtsfall informieren Sie umgehend die behandelnden Ärzt:innen.

Tipps und Tricks

  • In Rücksprache mit den Ärzt:innen sollten Sie den Patient:innen Thrombosestrümpfe empfehlen.
  • Pflegen Sie den Port oder einen zentralvenösen Katheter sehr sorgfältig, um dort die Bildung eines Gerinnsels zu verhindern.
  • Mobilisation der Patient:innen in Abhängigkeit von ihrem Allgemeinzustand.

Kardiovaskuläre Notfälle

Obere EinflussstauungSchellongowski P. Onkologische Notfälle. Wien Klin Wochenschr Educ (2011) 6: 113–129

Was ist eine obere Einflussstauung?

Damit wird der gestörte Rückfluss des venösen Blutes vom Kopf und den oberen Extremitäten zum Herzen bezeichnet, ein anderer Begriff dafür ist oberes Vena-cava-Syndrom. Eine Ursache dafür ist das Eindrücken der oberen Hohlvene durch Tumor von außen oder das Einwachsen von Tumoren. Manchmal führen auch Thrombosen in der oberen Hohlvene zu einer oberen Einflussstauung.

Diagnose

Es zeigen sich gestaute Hals- und Armvenen sowie Umgehungskreisläufe über den Brustkorb. Es kommt zu Schwellungen der oberen Körperhälfte, vor allem des Gesichtes. Die meisten Patienten leiden unter Atemnot und Husten sowie Schluckbeschwerden. Im Verlauf kommen neurologische Symptome dazu wie Kopfschmerzen und Bewusstseinsstörungen bis zum Koma. Im Liegen sind die Symptome verstärkt. Die Diagnose sollte rasch mit einer Computertomographie (CT) gesichert werden, ggf. ist die Entnahme einer Gewebeprobe sinnvoll, um die beste Behandlungsmöglichkeit zu finden.

Behandlung

Je nach Tumorart hilft eine Bestrahlung oder eine rasche Chemotherapie. Eine weitere Option ist die ärztliche Versorgung des betroffenen Gefäßabschnittes mit einer über einen Katheter eingebrachten Gefäßstütze (Stent), um das Gefäß offen zu halten.

Wie erkenne ich diesen Notfall?

Achten Sie auf Schwellungen der oberen Körperhälfte, vor allem des Gesichts, der Arme und Hände sowie auf gestaute Venen insbesondere am Hals, sowie Umgehungskreisläufe auf dem Brustkorb. Zudem bestehen oft Atemnot und Brustschmerzen.

Welche Patient:innen sind gefährdet?

  • Patient:innen mit Lungentumoren
  • Patient:innen mit Lymphomen
  • Patient:innen mit zentralvenösen Kathetern (ZVK), Port

Wie kann ich Ärzt:innen unterstützen?

Bieten Sie den Patient:innen Sauerstoff an und sorgen Sie für eine bequeme, aufrechte Körperhaltung.

Tipps und Tricks

  • Achten Sie auf die Symmetrie von Gesicht, Armen und Händen.
  • Achten Sie auf gestaute Halsvenen, Druckgefühl im Bereich von Kopf und Hals sowie Blauverfärbung der Haut durch Blutarmut bzw. Sauerstoffmangel (Zyanose)
  • Kommt es zu einer raschen Verschlechterung mit unzureichender Atmung und neurologischen Symptomen, muss eine sofortige Therapie erfolgen.

 

Infektiologische/entzündliche onkologische Notfälle

Neutropenie/neutropenisches FieberDubs, A. Notfälle in der Onkologie. Schweizerische Interessengemeinschaft Notfallpflege 2010. Schellongowski P. Onkologische Notfälle. Wien Klin Wochenschr Educ (2011) 6: 113–129 Schiel X. et al. Infektiologische Notfälle in der Onkologie Internist 2005 · 46:39–46 Klebl F, Krause S. W. Akuttherapie onkologischer Notfälle. Intensivmed 44:74–87 (2007)

Was versteht man unter Neutropenie?

Man spricht bei einer Anzahl der neutrophilen Granulozyten, einer Form weißer Blutzellen, <1500/µl von einer Neutropenie, ab weniger als 500/µl handelt es sich um eine schwere Neutropenie. Die neutrophilen Granulozyten sind ein Bestandteil des Immunsystems, daher besteht bei Neutropenie ein erhöhtes Infektionsrisiko. Als Ursache gelten hämatologische Erkrankungen oder deren Therapien sowie der Befall des Knochenmarks durch Infektionen oder Tumoren. Betroffen sind bis zu 40 % der Patienten mit soliden Tumoren, bei hämatologischen Erkrankungen kommt eine Neutropenie bei bis zu 80 % der Patient:innen vor.

Neutropenisches Fieber ist ein Anzeichen für eine Infektion bei geschwächter Abwehrlage und so definiert: Granulozyten <500/µl, Körpertemperatur ≥38,3°C oder ≥38.0°C für mehr als 1 Stunde, zudem liegen keine Hinweise für eine andere Ursache vor.

Diagnose

Zusätzlich zur Untersuchung des Blutbildes gehört die Abklärung von möglichen Infektionen durch eine sorgfältige körperliche Untersuchung sowie Aufnahmen von Brust- und Bauchraum. Zudem sollten auch Blutkulturen, Urin- und Stuhlproben sowie das Nervenwasser (Liquor) untersucht werden.

Behandlung

Die rasche Einleitung einer antibiotischen Therapie durch die Ärzt:innen ist für den weiteren Verlauf sehr wichtig, da unbehandelte Infektionen bei Patient:innen mit Immunschwäche innerhalb weniger Stunden zum Tod führen können. Bei schweren Infektionen oder einer länger dauernden Neutropenie kann man die Bildung von Granulozyten im Knochenmark mit einem Medikament anregen.

Wie erkenne ich diesen Notfall?

Hat sich der Allgemeinzustand der Patient:innen rasch verschlechtert? Kontrollieren Sie regelmäßig die Vitalzeichen, vor allem auch die Temperatur und achten Sie auf mögliche Infektionen und Infektionsquellen.

Welche Patient:innen sind gefährdet?

  • Prinzipiell jede/r onkologische Patient:in
  • Ein schlechter Allgemeinzustand erhöht das Risiko einer Neutropenie
  • Eine Neutropenie bedingt eine Immunschwäche, mit potentiellen Infektionen über kleine Wunden oder Katheter als Eintrittspforten

Wie kann ich Ärzt:innen unterstützen?

Im Verdachtsfall informieren Sie umgehend die behandelnden Ärzt:innen. Gibt es einen Hinweis auf die Infektionsquelle? Beurteilen Sie den Zustand der Patient:innen regelmäßig und berichten Sie über Verschlechterungen, auch wenn diese gering sind. Pflegen Sie einliegende Katheter sorgfältig und achten Sie auf Veränderungen an den Eintrittspforten.

Tipps und Tricks

  • Bei immungeschwächten Patient:innen ist die allgemeine Hygiene sehr wichtig. Der Kontakt mit möglichen „Infektionsquellen“ sollte vermieden werden. Dazu gehören erkältete Mitmenschen, Tiere, Pflanzenerde, Schnittblumen und verdorbene Nahrungsmittel.
  • Bei lang anhaltender Neutropenie ist unter Umständen die Unterbringung in einem Einzelzimmer erforderlich.
  • Empfehlen Sie in Abstimmung mit den Ärzt:innen Maßnahmen zur Vorbeugung von Infektionen wie Atemgymnastik und konsequente Mundpflege.
  • Häufig werden ärztlicherseits vorsorglich Antibiotika und Medikamente gegen Pilz- und Virusinfektionen verabreicht.

Sepsis/septischer SchockKlebl F, Krause S. W. Akuttherapie onkologischer Notfälle. Intensivmed 44:74–87 (2007) Tan, S. Recognition and Treatment of Oncologic Emergencies. Journal of Infusion Nursing. Vol. 25, No. 3, May/June 2002 p. 182-188

Was versteht man unter einer Sepsis oder einem septischen Schock?

Bei einer Sepsis handelt es sich um eine Infektion mit einer Beeinträchtigung des gesamten Organismus. Eine schwere Sepsis beinhaltet Organstörungen. Bei einem septischen Schock ist die Störung so ausgeprägt, dass auch der Kreislauf nicht mehr richtig funktioniert.

Bei onkologischen Patient:innen liegt oft eine Immunschwäche vor, verursacht durch eine Neutropenie oder eine Behandlung mit Medikamenten, wie z. B. Kortisonpräparaten. Entsteht nun eine Infektion, ist der Verlauf oft sehr viel schwerwiegender als bei Personen mit gesundem Immunsystem.

Diagnose

Die Diagnosestellung erfolgt nach klinischen Kriterien:

  • Allgemeine Sepsiskriterien
    • Fieber (Kerntemperatur > 38,3° C)
    • Kerntemperatur < 36,0° C (Hypothermie)
    • Herzfrequenz > 90 Schläge/Min
    • Schnelle Atmung > 30 Atemzüge/Min
    • Psychische Veränderungen
    • Deutliche Ödembildung oder positive Flüssigkeitsbilanz
    • Erhöhter Blutzuckerwert
  • Entzündlich
    • C-reaktives Protein oder Procalcitonin > 2 Standardabweichungen über dem Normwert
  • Kreislauf
    • Arterielle Hypotonie (systolischer Blutdruck < 90 mmHg)
    • Gemischt-venöse Sauerstoffsättigung > 70%
  • Organstörungen
    • Verminderte Urinmenge < 0,5ml/kg/h für mindestens 2 Stunden
    • Kreatinin-Anstieg ≥ 0,5 mg/dl
    • Gerinnungsstörungen (INR) > 1,5 oder aPTT > 60 s)
    • Darmverschluss (fehlende Darmgeräusche)
    • Erhöhtes Bilirubin ( > 4 mg/dl)
  • Gewebedurchblutung
    • Laktat > 3 mmol/l
    • Verminderte Kapillarfüllung oder Marmorierung der Haut

Behandlung

Sehr wichtig ist der schnelle Beginn einer Antibiotika-Therapie. Mit einer unterstützenden intensivmedizinischen Behandlung kann die Kreislaufsituation und damit die Sauerstoffversorgung und Funktion der Organe verbessert werden. Dazu gehört die Gabe von Flüssigkeit und kreislaufanregenden Medikamenten, wenn nötig eine maschinelle Beatmung sowie eine Blutwäsche (Dialyse).

Wie erkenne ich diesen Notfall?

Beurteilen Sie den Allgemeinzustand der Patient:innen aufmerksam. Liegen Hinweise für eine Infektion vor? Kontrollieren Sie regelmäßig die Vitalzeichen, Herzfrequenz, Blutdruck, Temperatur.

Welche Patient:innen sind gefährdet?

  • Patient:innen mit Immunschwäche (z. B. Neutropenie)
  • Risikofaktoren:
    • Lange Krankenhausaufenthalte
    • Vorbehandlung mit Kortisonpräparaten, Antibiotika und Chemotherapeutika

Wie kann Ärzt:innen unterstützen?

Bei Verdacht informieren Sie umgehend die Ärzt:innen. Gibt es Hinweise auf eine Infektionsquelle? Nehmen Sie eine Urin- und Stuhlkultur ab. Bereiten Sie das Tablett für die Blutabnahme vor (Blutkulturen!).

Tipps und Tricks

  • Achten Sie auf eine sehr gute Hygiene! Begegnen Sie Patient:innen mit länger anhaltender Neutropenie am besten immer mit Mundschutz und Handschuhen.

Spezialfall: Notfälle aufgrund immunvermittelter Entzündungsreaktionen

Immunonkologische Medikamente aktivieren das körpereigene Immunsystem und nutzen es als Wirkprinzip im Kampf gegen Krebszellen. Durch diese Aktivierung kann es manchmal auch zur überschießenden Aktivität des Immunsystems kommen, die mit verschiedenen entzündlichen Nebenwirkungen verbunden sind. Diese werden als immunvermittelte Nebenwirkungen bezeichnet.

Als Notfälle können insbesondere folgende Nebenwirkungen in Erscheinung treten:

Akute Nebennierenrinden-Schwäche als Folge einer Entzündung der Hirnanhangsdrüse (Hypophysitis) oder der Nebenniere (Adrenalitis)

Extreme Schilddrüsenüberfunktion (thyreotoxische Krise) bei Schilddrüsenüberfunktion oder Entzündung der Schilddrüse oder Koma bei extremer Schilddrüsenunterfunktion (hypothyreotes Koma)

Extremer Blutzuckeranstieg wegen Diabetes mellitus bei/nach Entzündung der Bauchspeicheldrüse.

Entzündliche Veränderungen der Lunge (Pneumonitis)

Entzündung der Dickdarmschleimhaut (Kolitis)

Bitte denken Sie daran, jedes neu aufgetretene Symptom, das im Rahmen einer immunonkologischen Therapie auftritt, kausal zu hinterfragen. Bis zum Ausschluss einer anderen Ursache sollte das Auftreten insbesondere einer entzündlichen Symptomatik als potenziell immunvermittelt angesehen und unverzüglich spezialisierte Fachärzt:innen kontaktiert werden.

Was versteht man unter einem Paravasat?

Unter einem Paravasat versteht man das Austreten eines in die Vene verabreichten Medikamentes in das umgebende Gewebe. Nicht jedes Paravasat ist gefährlich. Unter den Chemotherapeutika (Zytostatika) gibt es nekrotisierende (Vesicans) und gewebe-reizende Substanzen (Irritans), aber auch Medikamente, die keinen Gewebeschaden verursachen (Non-Vesicans).

Diagnose

Ein Paravasat kann unspezifische Beschwerden verursachen, auch ein zeitlich verzögerter Verlauf ist möglich. Typischerweise kommt es an den Infusionszugängen zu einem Brennen, Druck- und Spannungsgefühl sowie Schmerzen. Je nach Medikament kann das Gewebe absterben, es kann sich eine Rötung, eine Schwellung oder Blasenbildung zeigen. Später im Verlauf entwickelt sich oft eine Gewebeverhärtung oder Vernarbung.

Bei zentralen Venenkathetern ist ein Paravasat oft schwer zu erkennen. Es kann sich eine Schwellung im Bereich von Hals, Gesicht, Schulter, Dekolleté und Brust zeigen. Zudem können Fieber und eine Leukozytose auftreten. Auch alle in der Nähe des zentralvenösen Katheters befindlichen Strukturen wie Lungenhäute, Herzbeutel und Brusthöhle können durch die austretenden Medikamente gereizt werden.

Behandlung

Die Infusion muss umgehend gestoppt werden. Soweit möglich sollte das Paravasat über den noch liegenden Zugang abgesaugt werden, erst dann kann dieser unter Sog entfernt werden. Sie sollten das betroffene Gebiet markieren und die Extremität ruhigstellen und hochlagern. Unter Umständen ist die Applikation von Wärme bzw. Kälte (je nach Zytostatikum indiziert).

Werden Nerven, Muskeln und Gefäße geschädigt, können erhebliche Funktionseinschränkungen entstehen. Eine Unterbrechung der Therapie kann notwendig werden.

Wie erkenne ich diesen Notfall?

Beachten Sie jede, auch noch so lapidar erscheinende Beschwerdeangabe der Patient:innen bei der Infusion und verwenden Sie ein transparentes Pflaster. Unterscheiden Sie, ob ein Paravasat vorliegt oder eine harmlose Gefäßentzündung oder Überempfindlichkeitsreaktion: Bei einem Paravasat ist der Infusionsfluss verlangsamt, es bestehen massive Beschwerden und ggf. kommt es zu einer Schwellung des umgebenden Gewebes (bei peripheren Kathetern oder bei liegendem Port). Handelt es sich um eine Gefäßreizung, ist meist keine erkennbare Veränderung im Infusionsbereich auszumachen, im Zweifel sind die Beschwerden der Patient:innen aber immer ernst zu nehmen und die Durchgängigkeit des Katheters zu prüfen (Aspiration und Spülen des Zugangs mit Kochsalzlösung).

Welche Patient:innen sind gefährdet?

Es besteht ein erhöhtes Risiko für eine Paravasatentwicklung bei zerbrechlichen, kleinen Venen und nach mehrfacher Punktion. Auch bei Patient:innen mit einem mangelnden Verständnis für die Situation (Kinder, demente Patient:innen) und verminderter Sensibilität (Polyneuropathie) und Diabetes entwickeln sich häufiger Zytostatikaparavasate. Zur Vermeidung dieser Komplikation ist ein korrekter Umgang mit peripheren und zentralvenösen Kathetern und Ports wichtig.

Wie kann ich Ärzt:innen unterstützen?

Klären Sie die Patient:innen über die Besonderheiten bei der Verabreichung von Zytostatika auf. Alle Beschwerden bei der Applikation und auch im Verlauf müssen sofort gemeldet werden. Nehmen Sie alle Meldungen ernst und überwachen Sie den Infusionsverlauf konsequent.

Tipps und Tricks

  • Vor Verabreichung des Medikaments muss die korrekte Lage des venösen Zugangs überprüft werden.
  • Die Infusion darf nicht mit Druck erfolgen.

Hinweis

  • Immunonkologische Medikamente werden den nicht-schädigenden Substanzen zugeordnet und verursachen in der Regel keine Gewebeschädigung!

Endokrinologische Notfälle

Immunvermittelte Entzündungen der Hypophyse (Hypophysitis), der Schilddrüse (Thyreoiditis) und der Nebennieren (Adrenalitis) gehören zu den bekannten Nebenwirkungen immunonkologischer Medikamente. Aus diesen Nebenwirkungen können plötzliche Notfälle erwachsen.

Hypothyreotes KomaGesssl A et al. Klinische Vignette: Myxödemkoma: Selten, aber sehr gefährlich. Austrian J Clin Endocrinol Metabol 2011; 4: 41 – 43 Lehnert H, DGE (Hrsg) Rationelle Diagnostik und Therapie in Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel: Hypothyreotes Koma. Thieme, Stuttgart, 2003, p 60

Was versteht man unter einem hypothyreoten Koma?

Das hypothyreote Koma oder Myxödem-Koma ist eine seltene, lebensbedrohliche Komplikation einer – auch nicht bekannten – Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose). Es stellt eine Krisensituation mit einer hohen Sterblichkeit dar. Traumata, Operationen, Infektionen, Kälteexposition, Herz- und Gefäßerkrankungen, metabolische Störungen, Medikamente können Auslöser sein. Das hypothyreote Koma ist durch eine Bewusstseinstrübung und eine gestörte Temperaturregulation sowie einen häufig nachweisbaren Auslöser definiert.

Diagnose

Klinisches Bild und deutlich erniedrigte Schilddrüsenhormon-Werte (fT4).

Behandlung

Da viele Organe beim hypothyreoten Koma betroffen sind, ist eine intensivmedizinische Überwachung erforderlich. Ärztliche Maßnahmen müssen sofort eingeleitet werden und bestehen u. a. in

  • supportiven Maßnahmen, wie Atmungs- und Kreislaufunterstützung, vorsichtiges Erwärmen
  • sofortiger Gabe von Schilddrüsenhormon (Thyroxin) und Glukokortikoiden
  • Elektrolyt- und Flüssigkeitsersatz
  • der Behandlung zusätzlicher Probleme (meist Infektionen)

Wie erkenne ich ein hypothyreotes Koma?

Veränderungen der Bewusstseinslage oder des mentalen Zustands, eine gestörte Temperaturregulation (Hypothermie), Hypotonie, verminderte Atemfrequenz, Muskelschwäche, verminderte Sehnenreflexe, Krämpfe zusammen mit Zeichen einer Hypothyreose wie u. a. trockene Haut, ÖdemeBradykardie lenken den Verdacht auf ein hypothyreotes Koma.

Welche Patient:innen sind gefährdet?

Meist ältere Patient:innen mit nicht ausreichend behandelter Schilddrüsenunterfunktion.

Wie kann ich Ärzt:innen unterstützen?

Achten Sie bei Ihren Patient:innen auf den Allgemeinzustand und informieren Sie bei Veränderungen, speziell bei Verwirrtheit, Untertemperatur, Schwäche, Blutdruckabfall, verringerter Atemfrequenz unverzüglich die behandelnden Ärzt:innen.

Tipps und Tricks

  • Unter einer Behandlung mit immunonkologischen Medikamenten kann sowohl eine Unterfunktion als auch eine Überfunktion der Schilddrüse auftreten.

Thyreotoxische KriseDietrich JW. Thyreotoxische Krise. Med Klin Intensivmed Notfmed 2012; 107: 448 – 453

Was ist eine thyreotoxische Krise?

Die thyreotoxische Krise ist eine seltene, lebensbedrohliche Komplikation einer Schilddrüsenerkrankung, z. B. einer bereits bestehenden Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) mit erhöhter Bildung von Schilddrüsenhormon oder einer Thyreoiditis (Entzündung der Schilddrüse) mit vermehrter Ausschwemmung von Schilddrüsenhormon. Unbehandelt ist die thyreotoxische Krise nahezu immer tödlich. Auslöser können Stresssituationen sein: z. B. Infektionen, Unfälle, Operationen, kardiovaskuläre Probleme, psychischer Stress oder auch metabolische Entgleisungen.

Diagnose

Die Diagnose richtet sich nach dem klinischen Bild und hohen Schilddrüsenhormon-Werten.

Behandlung

Bereits beim Verdacht auf eine thyreotoxische Krise ist eine intensivmedizinische Betreuung mit Monitoring der Atem- und Kreislauffunktion sowie des neurologischen Zustands erforderlich, denn es besteht das Risiko einer schnellen Verschlechterung. Die ärztliche Behandlung besteht in der Gabe von Thyreostatika, das sind Medikamente, die die Produktion von Schilddrüsenhormon hemmen. Bei der „Überschwemmung“ durch Schilddrüsenhormon aufgrund einer Entzündung werden Patient:innen mit Glukokortikoiden und entzündungshemmenden Medikamenten behandelt. Unterstützend werden Flüssigkeitsgabe, hochkalorische Ernährung, Fiebersenkung und weitere Maßnahmen wie z. B. Beatmung eingesetzt.

Wie erkenne ich eine thyreotoxische Krise?

Erhöhte Schilddrüsenhormon-Spiegel führen u. a. zu Tachykardie Tachykardie, Blutdruckspitzen, HyperkaliämieAgitation, Zittern.

Wichtig! Der Wert des Schilddrüsenhormons T4 im Blut sind nicht entscheidend!
Die thyreotoxische Krise kann sogar bei latenten Hyperthyreosen auftreten.

Welche Patient:innen sind gefährdet?

  • Patient:innen mit einer Überfunktion der Schilddrüse
  • Patient:innen mit einer Entzündung der Schilddrüse

Wie kann ich Ärzt:innen unterstützen?

Achten Sie auf den Allgemeinzustand der Patient:innen und informieren Sie bei Veränderungen wie Tachykardie, Blutdruckspitzen, HyperkaliämieAgitation und Zittern umgehend die behandelnden Ärzt:innen.

Tipps und Tricks

  • Die Hypothyreose unter einer Behandlung mit immunonkologischen Medikamenten ähnelt dem Morbus Basedow
  • Die thyreotoxische Krise ist extrem selten.

Nebennierenkrise (Addison-Krise)Quinkler M et al. Adrenal cortical insufficiency—a life threatening illness with multiple etiologies. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(51–52): 882 – 888 Gonzalez-Rodriguez E et al. Immune Checkpoint Inhibitors: Review and Management of Endocrine Adverse Events. Oncologist 2016; 21(7): 804 – 816 Kähler KC et al. Management of side effects of immune checkpoint blockade by anti-CTLA-4 and anti-PD-1 antibodies in metastatic melanoma. J Dtsch Dermatol Ges 2016;14: 662 – 681

Was versteht man unter einer Nebennierenkrise?

In Stresssituationen – Infektion, Fieber, Unfall, Operationen, Anstrengung, psychischer Stress etc. – ist reagiert die Nebenniere im Normalfall mit einer erhöhten Cortisol -Ausschüttung, die für Anpassungsreaktionen des Organismus essenziell ist. Bei Patient:innen mit Nebenniereninsuffizienz bleibt die Steigerung der Cortisol-Ausschüttung aus.

Die Nebenniereninsuffizienz ist ein Krankheitsbild, bei dem die Nebenniere(nrinde) zu wenig Cortisol bildet. Ursache kann ein Verlust funktionsfähiger hormonproduzierender Zellen der Nebenniere selbst (primäre Nebenniereninsuffizienz, z. B. aufgrund einer Entzündung der Nebenniere (Adrenalitis)) oder eine Störung der übergeordneten hormonellen Achse – Hypothalamus Hypophyse – z. B. aufgrund einer Entzündung der Hypophyse (Hypophysitis) sein.

Der Ausfall der Nebennierenrindenfunktion im Rahmen der Hypophysitis kann lebensbedrohlich sein. Man spricht dann von einer Nebennieren- oder Addison-Krise. Sie ist eine der häufigsten Todesursachen bei Patient:innen mit Nebenniereninsuffizienz.

Der Mangel des lebenswichtigen Hormons Cortisol führt zu unspezifischen Symptomen wie u. a. Übelkeit, Schwäche, Fatigue, Appetitlosigkeit, Bauchschmerzen und Gewichtsverlust.

Behandlung

Die Behandlung der Nebennierenkrise besteht in der sofortigen intravenösen Gabe von Glukokortikoiden durch die Ärzt:innen.

Wie erkenne ich diesen Notfall?

Anzeichen für die Nebennierenkrise sind Müdigkeit, Übelkeit/Erbrechen, Blutdruckabfall, Dehydrierung, Hyponatriämie und Hyperkaliämie. Auch Fieber, Bauchschmerzen sowie Lethargie, Verwirrtheit oder Koma.

Welche Patient:innen sind gefährdet?

  • Patient:innen mit Hypophysitis oder Hypophysentumoren
  • Patient:innen mit Nebenniereninsuffizienz anderer Ursache, z. B. Adrenalitis
  • Patient:innen unter immunonkologischer Therapie

Wie kann ich Ärzt:innen unterstützen?

Beurteilen Sie den Allgemeinzustand der Patient:innen aufmerksam und informieren Sie die behandelnden Ärzt:innen umgehend, wenn Sie bei  Patient:innen – vor allem bei Infektionen oder Trauma - plötzlich Blutdruckabfall, Schwäche, Übelkeit, Verwirrtheit und weitere Symptome beobachten.

Tipps und Tricks

  • Besprechen Sie mit Ihren Patient:innen und deren Angehörigen typische Stresssituationen und was zu tun ist, um eine Addison-Krise zu vermeiden.
  • Weisen Sie Patient:innen und Angehörige darauf hin, dass bei Erbrechen und Durchfall eine ärztliche Behandlung und Anpassung der Glukokortikoid-Dosis erforderlich ist.
  • Erklären Sie Patient:innen und Angehörigen die Anzeichen einer Nebennierenkrise.
  • Patient:innen mit einer Nebenniereninsuffizienz benötigen einen Notfallausweis!

Neurologische Notfälle

RückenmarkkompressionGutzmer R. et al. Cutaneous side effects of new antitumor drugs: clinical features and management. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(8):133-40 Naidoo J et al. Toxicities of the anti-PD-1 and anti-PD-L1 immune checkpoint antibodies. Ann Oncol (2015) 26(12):2375-2391

Was versteht man unter einer Rückenmarkkompression?

Darunter versteht man eine Einengung des Rückenmarks (Myelonkompression) durch den Tumor direkt oder ein Ödem, meist auf Höhe der Brustwirbelsäule. Hiervon sind etwa 5 % aller Krebspatient:innen betroffen.

Diagnose

Zuerst treten Rückenschmerzen auf, die in Rückenlage und bei Bewegung zunehmen. Nimmt der Druck auf das Rückenmark weiter zu, kommt es zum Verlust des Gefühls (Sensibilität) und Schwäche. Zuletzt resultiert eine Urin- und Stuhlinkontinenz als Zeichen der Nervenschädigung.

Die Diagnose sollte möglichst früh gestellt werden, um gravierende und unter Umständen bleibende Nervenschädigungen zu vermeiden.

Behandlung

Die Einengung des Rückenmarks kann – je nach Ursache - medikamentös mit Kortison, mit einer Bestrahlung oder auch chirurgisch behandelt werden. Bei einem raschen Fortschreiten ist meist eine Operation am besten geeignet, da sie ein schnelles Ergebnis erzielt, ebenso wenn die Bestrahlung keine Wirkung zeigt.

Wie erkenne ich diesen Notfall?

Seien sie aufmerksam, wenn Patient:innen über Rückenschmerzen und/oder Lähmungs- oder Schwächeerscheinungen berichten.

Welche Patient:innen sind gefährdet?

Wie kann ich Ärzt:innen unterstützen?

Fragen Sie die Patient:innen regelmäßig nach Gefühlsstörungen oder Schwächegefühl in Armen und Beinen. Im Verdachtsfall, informieren Sie umgehend die behandelnden Ärzt:innen.

Tipps und Tricks

  • Achten Sie auf neurologische Veränderungen: Jede Angabe von Gefühlstörungen oder Muskelschwäche ernst nehmen.
  • Achten Sie auf eine normale Funktion der Blase und des Mastdarms.
  • Schnell erkennen und rasch handeln! Ist bei Beginn der Therapie noch keine Lähmung aufgetreten, bilden sich nach der Behandlung in der Regel alle Symptome wieder zurück.

Hirndruck, HirnmetastasenSchellongowski P. Onkologische Notfälle. Wien Klin Wochenschr Educ (2011) 6: 113–129

Was versteht man unter Hirndruck, Hirnmetastasen?

Bei bestimmten Tumorarten kommt es zur Ausbildung von Absiedlungen (Metastasen) im Gehirn. Diese stellen die häufigste Krebsart im Gehirn dar und sind viel häufiger als Hirntumoren (z. B. AstrozytomGlioblastom. Da der Schädel eine feste, unnachgiebige Hülle bildet und das Gewebe darin durch den wachsenden Tumor zunimmt, steigt der Druck im Schädel.

Um die Absiedlungen entstehen zudem häufig Flüssigkeitseinlagerungen (Ödeme), die den raumfordernden Effekt zusätzlich verstärken.

Behandlung

Die Patient:innen fallen mit Übelkeit, Erbrechen und Schwindel sowie unterschiedlichen neurologischen Ausfallserscheinungen auf. Zur Abklärung erfolgt eine Computertomographie (CT), eventuell ergänzend eine Magnetresonanztomographie (MRT) und eine Punktion des Nervenwassers Liquorpunktion.

Unabhängig von der Ursache der Hirndrucksteigerung werden von Ärzt:innen allgemeine Maßnahmen ergriffen, die den Druck senken bzw. eine weitere Steigerung verhindern sollen. Dazu gehören:

  • Sicherstellung einer ausreichenden Sauerstoffversorgung
  • stabiler Mineralstoff- und Wasserhaushalt
  • Normwerte bei Blutzucker und Blutdruck
  • 30°-Oberkörperhochlagerung

Bei einer durch Störung der Blut-Hirn-Schranke bedingten Hirndruckentwicklung (vasogenes Hirnödem) durch maligne Tumore können die Ärzt:innen eine medikamentöse Therapie mit Kortisonpräparaten zur Minderung der Flüssigkeitseinlagerungen durchführen; auch eine Dämpfung von Funktionen des zentralen Nervensystems und dadurch des metabolischen Bedarfs des Gehirns durch ein Beruhigungsmittel (Sedierung) kann erwogen werden. Ursächlich lassen sich der Tumor oder die Metastasen ggf. durch eine Bestrahlung oder eine Operation behandeln.

Wie erkenne ich diesen Notfall?

Übelkeit, Erbrechen und Schwindel sind die Hauptsymptome eines erhöhten intrakraniellen Druckes, dazu kommen in Abhängigkeit von der Lage und Ausdehnung der Raumforderung Atem- und Bewusstseinsstörungen bis zum Koma, epileptische Anfälle, Bewegungs- und/oder Empfindungsstörungen.

Welche Patient:innen sind gefährdet?

  • Patient:innen mit erhöhtem Risiko für Entwicklung von Hirnmetastasen:
  • Patient:innen mit Lungenkrebs
  • Patientinnen mit Brustkrebs
  • Patient:innen mit schwarzem Hautkrebs (malignem Melanom)
  • Patient:innen mit primären Hirntumoren, z. B. Glioblastom

Wie kann ich Ärzt:innen unterstützen?

Versorgen Sie die Patient:innen im Rahmen der Basismaßnahmen. Messen Sie Blutzucker, Blutdruck und Puls und sorgen Sie für eine ausreichende Sauerstoffversorgung.

Tipps und Tricks

  • Beobachten Sie Ihre Patient:innen gut und handeln Sie rasch, wenn Sie den Verdacht auf einen erhöhten Hirndruck haben.
  • Wichtig ist eine engmaschige Kontrolle der Vitalzeichen
  • Sorgen Sie für eine ruhige Atmosphäre.
  • Vermeiden Sie pflegerische Tätigkeiten (z. B. Absaugen), die einen Anstieg des Hirndruckes verursachen können

Pneumologische Notfälle

DyspnoeHinterthaner M, Stamatis G. 10:376-385 Thoraxchirurgische Notfälle in der Onkologie. Der Onkologe. 2004

Was versteht man unter Dyspnoe?

Dyspnoe bezeichnet eine erschwerte oder ungenügende Atmung bzw. Atemnot. Diese kann plötzlich auftreten oder sich auch langsam entwickeln. Patient:innen mit einer langsamen Entwicklung sind an schlechte Blutgaswerte gewöhnt und verspüren die Atemnot selbst erst bei sehr schlechten Werten.

Das Symptom der Dyspnoe kann durch ganz unterschiedliche Erkrankungen verursacht werden, beispielsweise durch Wasser auf der Lunge (Pleuraerguss), eine Lungenentzündung, eine Lungenembolie oder eine Tumorausbreitung in der Lunge oder in den Atemwegen.

Diagnose

Patient:innen mit Atemnot sitzen meist, stützen sich auf die Arme und setzen die Atemhilfsmuskulatur ein. Die Ursache kann durch Abhören oder Beklopfen des Brustkorbes bzw. eine Ultraschall-, Röntgen- oder CT-Untersuchung festgestellt werden.

Behandlung

Die Patien:innen müssen in eine angenehme, meist aufrechte Position gebracht und mit Sauerstoff versorgt werden. Nicht-invasive Beatmungsmethoden wie die kontinuierliche positive Überdruckbeatmung (CPAP) oder eine maschinelle Beatmung sollten wenn möglich vermieden werden.

Je nach Ursache muss ärztlicherseits eine unterschiedliche Behandlung erfolgen.

  • Liegt beispielsweise ein Pleuraerguss zugrunde, kann dieser mit einer Punktion rasch entfernt werden. Bei einem immer wiederkehrenden Erguss kann ein Katheter in den Pleuraspalt gelegt werden, über den regelmäßig der Erguss abgelassen werden kann. Mit einer kleinen Operation können die Lungen mit dem Brustkorb verklebt werden, so dass sich gar nicht erst viel Flüssigkeit bilden kann.
  • Bei einer „normalen“ Lungenentzündung muss eine Behandlung mit Antibiotika erfolgen.
  • Ist die Lungenentzündung Folge der Behandlung (Chemotherapie, immunonkologische Therapie, Strahlentherapie) erfolgt eine Behandlung mit Kortisonpräparaten.
  • Befindet sich Tumorgewebe in den Atemwegen, kann unter Umständen eine Bronchoskopie und die Entfernung des Gewebes oder die Einlage einer Stütze (Stent) hilfreich sein.

Wie erkenne ich diesen Notfall?

Achten Sie auf Veränderungen der Atmung bzw. auch der Belastbarkeit der Patient:innen. Kommt er schon nach wenigen Schritten außer Atem? Strengt der Gang zur Toilette bereits an? Beobachten Sie die Atemfrequenz und zählen Sie die Atemfrequenz pro Minute aus. Achten Sie auf neu aufgetretenen Husten.

Welche Patient:innen sind gefährdet?

Wie kann ich Ärzt:innen unterstützen?

Beobachten Sie Ihre Patient:innen genau und achten Sie auf Änderungen der Belastbarkeit und neu aufgetretene Atembeschwerden.

Tipps und Tricks

  • Bei Risikopatient:innen sollte bereits im Vorfeld auf eine regelmäßige körperliche Bewegung geachtet werden sowie Inhalationen mit Kochsalzlösung und eine Anfeuchtung der Atemluft.
  • Achten Sie darauf, dass Patient:innen, die bereits Medikamente oder Sprays zur Behandlung einer Lungenerkrankung haben, diese auch regelmäßig einnehmen.
  • Bei vorbestehenden Lungenerkrankungen (z. B. COPD) darf nicht zu viel Sauerstoff verabreicht werden!

PneumonitisKähler KC et al. Management of side effects of immune checkpoint blockade by anti-CTLA-4 and anti-PD-1 antibodies in metastatic melanoma. J Dtsch Dermatol Ges 2016;14: 662 – 681 Deutsches Krebsforschungszentrum – Krebsinformationsdienst. https://www.krebsinformationsdienst.de/leben/entzuendung-und-infektion/haeufige-entzuendungen-und-infektionen.php Abgerufen am 10.06.24 O´Kane G et al. Monitoring and Management of Immune-Related Adverse Events Associated With Programmed Cell Death Protein-1 Axis Inhibitors in Lung Cancer. The Oncologist 2017; 22: 70 - 801

Was versteht man unter einer Pneumonitis?

Die Pneumonitis ist eine nicht durch Erreger verursachte Entzündung des Lungengewebes, die lebensbedrohlich sein kann.

Typisch für die Pneumonitis sind trockener Husten und Dyspnoe. Diese Symptome können von Fieber und allgemeinem Krankheitsgefühl begleitet werden.

Diagnose

Die Diagnose der Pneumonitis ist eine Ausschlussdiagnose. Möglichst beim ersten Auftreten der Symptome

  • Ausschluss einer infektiösen Ursache
  • CT-Untersuchung

Bei weiterer Unklarheit sollte man Pneumolog:innen zuziehen, die eine bronchoalveoläre Lavage (BAL) oder eine Punktion durchführen.

Behandlung

Die Pneumonitis muss von Ärzt:innen rasch mit hochdosierten Glukokortikoiden behandelt werden.

Wie erkenne ich diesen Notfall?

Achten Sie bei den Patient:innen auf Veränderungen der Atmung, neu aufgetretenen oder verschlimmerten trockenen Husten und Atemnot sowie auf das Allgemeinbefinden.

Welche Patient:innen sind gefährdet?

  • Patient:innen, bei denen im Rahmen einer Strahlenbehandlung Lungengewebe mitbestrahlt wurde
  • Patient:innen mit Erkrankungen der Lunge: AsthmaCOPD
  • Patient:innen, die bestimmte Chemotherapien erhalten (z. B. Cyclophosphamid)
  • Patient:innen, die mit immunonkologischen Medikamenten behandelt werden

Wie kann ich Ärzt:innen unterstützen?

Beobachten Sie Ihre Patient:innen genau und informieren Sie bei Auffälligkeiten der Atmung und des Allgemeinbefindens unverzüglich die behandelnden Ärzt:innen.

Tipps und Tricks

  • Erläutern Sie ausführlich alle Hintergrundinformationen zur Atemnot.

Gastroenterologische Notfälle

KolitisKähler KC et al. Management of side effects of immune checkpoint blockade by anti-CTLA-4 and anti-PD-1 antibodies in metastatic melanoma. J Dtsch Dermatol Ges 2016;14: 662 – 681

Durchfälle sind bei Krebstherapien häufig. Schwere Durchfälle können Anzeichen für eine Kolitis sein, die nicht oder zu spät behandelt im schlimmsten Fall zum Darmdurchbruch (Darmperforation) führen.

Was versteht man unter Kolitis?

Kolitis ist eine Entzündung der Schleimhaut des Dickdarms (Kolon). Sie geht mit Durchfällen, die teils schleimig und/oder blutig sein können, schmerzhaftem Stuhldrang, Bauchschmerzen und Krankheitsgefühl einher. Bei einer schweren Kolitis besteht das Risiko einer Darmperforation.

Diagnose

  • Ausschluss einer infektiösen Ursache
  • Endoskopie

Behandlung

Im Allgemeinen werden die Ärzt:innen eine hochdosierte Glukokortikoid-Therapie anordnen. Bei ungenügendem Ansprechen ist ein Therapieversuch mit Biologika möglich.

Wie erkenne ich diesen Notfall?

Achten Sie auf das Allgemeinbefinden Ihrer Patient:innen und fragen Sie sie nach Stuhlfrequenz, schmerzhaftem Stuhlgang und Blut-/Schleimbeimengungen im Stuhl.

Welche Patient:innen sind gefährdet?

  • Patient:innen, die eine Strahlenbehandlung oder bestimmte Chemotherapien erhalten
  • Patient:innen, die mit immunonkologischen Medikamenten behandelt werden

Wie kann ich Ärzt:innen unterstützen?

Fragen Sie Ihre Patient:innen nach Stuhlunregelmäßigkeiten und Bauchschmerzen. Und informieren Sie die behandelnden Ärzt:innen, wenn die Patient:innen eine erhöhte Stuhlfrequenz, Durchfälle mit Blut-/Schleimbeimengungen oder Schmerzen berichten.

Tipps und Tricks

  • Die Kolitis kann zur Darmperforation und schwerer Dehydrierung führen!