Das Multiple Myelom ist eine Form von Blutkrebs, die das Knochenmark betrifft.1,2,3,4,5 Ursache ist die bösartige Vermehrung von Plasmazellen im Knochenmark.
Formal gehört die Erkrankung zu den Non-Hodgkin- Lymphomen (NHL), also den bösartigen Erkrankungen des lymphatischen Systems (= Lymphdrüsen-Krebs).4
Plasmazellen sind eine Untergruppe von weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und sind im Knochenmark und anderen Körpergeweben zu finden.1,2,3,4,5 Plasmazellen bilden normalerweise bestimme Eiweißstoffe (Antikörper), die gegen Viren und Bakterien gerichtet sind.
Beim Multiplen Myelom kommt es zur Entartung einer einzigen Plasmazelle (Myelomzelle) im Knochenmark, die sich unkontrolliert vermehrt.1,2,3,4,5 Dadurch entstehen im Krankheitsverlauf typischerweise mehrere (multiple) bösartige Wucherungen im Knochenmark (Myelome). Ist bei einem Patienten nur ein Krankheitsherd vorhanden, wird dies solitäres (einzelnes) Plasmozytom genannt.2 Selten kann sich die Erkrankung auch außerhalb des Knochenmarks manifestieren (extramedulläres Plasmozytom).1
Das Multiple Myelom ist im Vergleich zu anderen Tumorerkrankungen selten:4,5 In Deutschland erkrankten im Jahr 2014 ca. 3.550 Männer und ca. 2.960 Frauen neu - ist jedoch der häufigste Knochenkrebs in den westlichen Ländern.1 Das Erkrankungsrisiko steigt in höherem Alter deutlich an. Erkrankungen vor dem 45. Lebensjahr sind äußerst selten (etwa 2% aller Fälle).1 Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 71 Jahren.5
Der Krankheitsverlauf (Prognose) ist mit relativen 5-Jahres-Überlebensraten von 47% bei Frauen und 49% bei Männern eher ungünstig.1
Warum sich ein Multiples Myelom entwickelt, ist bisher noch weitgehend unklar. Mögliche Risikofaktoren sind:6
Durch die bösartige Vermehrung von Plasmazellen im Knochenmark kommt es bei Patienten mit Multiplem Myelom zur5
Daraus leiten sich die entsprechenden Symptome ab: 5,7,8
Bei Verdacht auf ein Multiples Myelom werden die folgenden Untersuchungen empfohlen:5,9,10
Die Diagnose Multiples Myelom gilt bei den folgenden Befunden als gesichert:5
Gewebeprobe aus Knochenmarkpunktion mit zwei Myelomzellen ("Spiegelei-Form") bei Multiplem Myelom
Nachdem die Diagnose Multiples Myelom gesichert ist, folgt anhand der Befunde eine Einteilung in Stadien.11
Dies gibt Auskunft darüber, wie weit die Erkrankung fortgeschritten ist und erlaubt damit eine ungefähre Abschätzung des Krankheitsverlaufs (Prognose).11Die Stadienteinteilung erfolgt nach dem internationalen Staging-System (ISS) anhand der Werte der zwei Bluteiweißstoffe ß2-Mikroglobulin und Albumin.11
Dabei gilt: Je höher der Wert für das β2-Mikroglobulin und je niedriger der Wert für das Albumin im Blut ist, desto fortgeschrittener ist das Krankheitsstadium.11
ISS-Stadieneinteilung des Multiplen Myeloms11
Nicht jeder Patient mit einem Multiplen Myelom muss sofort behandelt werden. 12,13
Nach Übereinkunft internationaler Experten sollte dann eine Therapie eingeleitet werden, wenn eine symptomatische Erkrankung vorliegt.13 Das ist der Fall, wenn eines der CRAB-Kriterien erfüllt ist:12,13
Weitere Gründe für eine Behandlung sind:12,13
In Abhängigkeit vom Allgemeinzustand des Patienten sowie seines Krankheitsverlaufes kommen derzeit verschiedene Therapiemöglichkeiten in Frage: 13
Sofern es der allgemeine Gesundheitszustand des Patienten zulässt, wird heute beim Vorliegen eines behandlungsbedürftigen Multiplen Myeloms eine Hochdosis-Chemotherapie mit anschließender Rückgabe von zuvor gewonnenen Blutstammzellen des Patienten (autologe Stammzelltransplantation; SZT) angestrebt.14
Die Chemotherapie umfasst die Behandlung bösartiger Tumoren mit sogenannten Zytostatika ("Zellteilungs-Hemmer"), die in den Zellteilungszyklus von Krebszellen eingreifen.
Hintergründe zur Chemotherapie allgemein sowie den typischen Nebenwirkungen und ihrer Behandlung finden Sie unter "Chemotherapie".
Bei der hochdosierten Chemotherapie des Multiplen Myeloms wird in der Regel das Zytostatikum Melphalan in hoher Dosierung gegeben, das Myelomzellen zerstören soll.14 Jedoch kann diese intensive Behandlung nicht spezifisch nur die Myelomzellen bekämpfen, sondern schädigt auch die gesunden blutbildenden Zellen im Knochenmark.
Um dies zu vermeiden, werden Patienten vor der hochdosierten Chemotherapie eigene Blutstammzellen entnommen und eingefroren.15
Nach Abschluss der hochdosierten Chemotherapie werden die Stammzellen aufgetaut und dem Patienten wieder zurück geführt. Dies wird autologe Stammzelltransplantation (SZT) genannt.
Mehr Informationen finden Sie unter "Knochenmark- und Stammzelltransplantation".
Wenn es nach ein- oder mehrfach durchgeführter autologer Stammzelltransplantation beim Multiplen Myelom zu einem Krankheitsrückfall (Rezidiv) gekommen ist, kann eine allogene Stammzellentransplantation eingesetzt werden.15
Dabei erhält der Patient Blutstammzellen eines gesunden und geeigneten Fremdspenders.
Mehr zur Durchführung einer Stammzelltransplantation lesen Sie unter
"Knochenmark- und Stammzelltransplantation".
Medikamente der zielgerichteten Therapien (engl. "Targeted therapies") wirken gegen bestimmte Merkmale auf oder in der Tumorzelle. Bei Patienten mit Multiplem Myelom können sogenannte Proteasom-Hemmer (Inhibitoren) eingesetzt werden.16, 17 Proteasome sind in allen Zellen des menschlichen Körpers vorhanden und spielen unter anderem eine wichtige Rolle bei der Entsorgung von Eiweißmolekülen.18 In entarteten Zellen, die wie die Myelomzellen im Vergleich zu gesunden Zellen viel mehr Eiweißstoffe produzieren, sind die Proteasome besonders aktiv.18 Proteasom-Hemmer blockieren die normale Funktion der Proteasomen und bewirken damit, dass die Myelomzellen nicht mehr wachsen und schließlich absterben.18 Mehr Informationen erhalten Sie unter "Zielgerichtete Therapien".
Immunmodulatoren sind Medikamente, die das körpereigene Abwehrsystem (Immunsystem) beeinflussen.
Die Wirkmechanismen dieser Medikamente sind vielfältig und bis heute noch nicht vollständig aufgeklärt. Immunmodulatoren wie Pomalidomid, Lenalidomid und Thalidomid haben sich bei der Behandlung des Multiplen Myeloms als wirksam erwiesen.16,17
Mit der immunonkologischen Therapie sollen die Fähigkeiten des körpereigenen Abwehrsystems (Immunsystem) gestärkt werden, um Tumorzellen zu bekämpfen und zu zerstören. Bei Patienten mit Multiplem Myelom können als immunonkologische-Therapie Antikörper gegen den Eiweißstoff SLAMF7 (Signaling Lymphocyte Activation Molecule Family Member 7) eingesetzt werden.19 SLAMF7 findet sich in großer Menge auf der Oberfläche von Myelomzellen und natürlichen Killerzellen des körpereigenen Abwehrsystems, nicht jedoch im normalen Gewebe oder anderen Blutzellen.19 Der Antikörper bindet an SLAMF7 und natürliche Killerzellen und aktiviert diese; die Myelomzellen werden zerstört.
Hintergründe erhalten Sie zusätzlich unter "Immunonkologische Therapie".
Panobinostat hemmt die Aktivität von bestimmten Enzymen, den so genannten Histon-Deacetylasen (HDAC).20 Dadurch werden die Teilung und das Wachstum von Tumorzellen unterdrückt.
Panobinostat wird in Form von Kapseln in Kombination mit Proteasom-Hemmern und Kortison verabreicht.