
Nebenwirkungen: Supportive Therapie
Eine effektive unterstützende (supportive) Therapie ist heute ein essenzieller Pfeiler des Behandlungskonzepts von Patient:innen mit Krebserkrankungen. ,
Damit lassen sich mögliche Nebenwirkungen der verschiedenen Tumortherapien vermeiden, mildern oder behandeln.
Auch bewegungstherapeutische Maßnahmen mildern nachweislich erkrankungs- und therapiebedingte Nebenwirkungen, beschleunigen Regenerationsphasen und steigern damit deutlich die Lebensqualität. Lesen Sie hierzu unsere Broschüre Immunonkologie & körperliche Bewegung.
Übelkeit und Erbrechen
Insbesondere eine Chemotherapie kann Übelkeit und Erbrechen verursachen. Daher ist die vorbeugende (prophylaktische) Gabe von Medikamenten gegen Übelkeit und Erbrechen, sogenannten Anti-Emetika, heute Standard. Die Auswahl erfolgt basierend auf der Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Übelkeit und Erbrechen der geplanten Chemotherapie.
Zur Verfügung stehen heute hochwirksame Medikamente mit unterschiedlichen Wirkmechanismen:
- Serotonin-Rezeptor-Hemmer (5-HT3-Rezeptor-Antagonisten)
- Wirkung über Blockade der peripheren und zentralen Serotonin-Rezeptoren
- Verfügbare Substanzen: Granisetron, Ondansetron, Palonosetron und Tropisetron jeweils i.v. und oral
- Die geringste wirksame Dosis ist ausreichend
- Die tägliche Einmalgabe ist ausreichend
- Eine orale Gabe ist der intravenösen Gabe ebenbürtig
- Neurokinin-1- (Nk1-)-Rezeptor-Hemmer
- Kortikosteroide
- Der brechreizlindernde (antiemetische) Wirkmechanismus ist nicht vollständig geklärt
- Eingesetzt werden vor allem Dexamethason (oral oder i.v.) und Prednisolon (i.v., oral)
- Metoclopramid (MCP)
- Wirkung über Blockade der Dopaminrezeptoren im Zentralnervensystem, peripher Beschleunigung der Magenentleerung
- Benzodiazepine (z. B. Diazepam, Lorazepam)
- Keine primäre antiemetische Wirkung, können jedoch durch ihre angstlösende (anxiolytische) Wirkung und ihren beruhigenden (sedierenden) Effekt insbesondere beim antizipatorischen und unstillbaren Erbrechen wirkungsvoll sein. Beim antizipatorischen Erbrechen handelt es sich um Erbrechen vor bzw. in Erwartung der Chemotherapie
Informationen zu komplementären und alternativen Verfahren bei Übelkeit und Erbrechen erhalten Sie unter „Komplementärmedizin“.
Entzündungen der Mundschleimhaut
Entzündungen der Mundschleimhaut (orale Mukositis) können als Begleitsymptome verschiedener Tumorbehandlungen wie einer Chemotherapie oder einer Bestrahlung von Kopf und Hals
auftreten.
Um die Mundschleimhaut zu schützen, ist eine regelmäßige und konsequente Mund- und Zahnpflege wichtig. Dazu gehören vor allem:
- Zahnarztbesuch schon vor der Therapie
- Während der Krebsbehandlung die Mundschleimhaut täglich auf Veränderungen untersuchen
- Regelmäßiges Zähneputzen nach jeder Mahlzeit und vor dem Schlafengehen
- Weiche Zahnbürste (jeden Monat wechseln) und milde, fluoridhaltige Zahnpasta verwenden
- Vorsichtige Reinigung der Zahnzwischenräume mit Zahnseide und/oder Interdentalbürsten
- Häufige Mundspülungen zur Befeuchtung der Mundschleimhaut, mindestens 4- bis 6-mal täglich, für etwa 1 Minute mit 15 ml Wasser oder isotonischer Kochsalzlösung
- Nach dem Spülen für 30 Minuten auf Essen und Trinken verzichten
- Reizungen im Mundbereich vermeiden
- Rauchen und Alkohol vermeiden
- Scharfe, säurehaltige und sehr heiße Speisen und Getränke meiden; ebenso scharfkantige, sehr trockene und bröselige Speisen
- Prothesen möglichst nur kurz tragen
- Vor einer Chemotherapie schützt das Lutschen von Eiswürfeln (Kryotherapie) die Mundschleimhaut
- Vor einer Strahlentherapie können Mundspülungen mit Zink oral oder Benzydamin hilfreich sein
Bei leichten Beschwerden einer Mundschleimhautentzündung können auf der Schleimhaut direkt wirkende Schmerzmittel in Form von Lösungen oder Sprays eingesetzt werden. Bei stärkeren Schmerzen sind auch Schmerzmedikamente hilfreich.
Wenn der Patient bei ausgedehnten Entzündungen im Mund und in der Speiseröhre nicht ausreichend Nahrung zu sich nehmen kann, können besondere Produkte wie Trinknahrung oder "Astronautenkost" verordnet werden.
Wenn dies auch nicht möglich ist, veranlasst der Arzt eventuell die zeitweilige Ernährung über eine Magen- oder Dünndarmsonde oder eine parenterale Ernährung über eine intravenöse Infusion.
Sofern sich auf die Entzündung der Mundschleimhaut eine Pilzinfektion aufgepfropft hat (siehe "Chemotherapie") kann eine Behandlung mit pilztötenden Mitteln (Antimykotika) meist auch ohne vorhergehenden Erregernachweis im Labor begonnen werden.
Antimykotika stehen als Lutschtabletten, Lösungen, Kapseln oder Tabletten zur Verfügung. Dabei haben sich Medikamente zum Einnehmen als wirksamer erwiesen als solche, die örtlich aufgetragen werden. Denn diese sogenannte systemische antimykotische Behandlung verhindert, dass sich eine Pilzinfektion im gesamten Körper ausbreitet.
Durchfall
Der durch eine Tumortherapie hervorgerufene Durchfall (Diarrhö) ist eine häufige und den Patienten belastende Nebenwirkung, die bei schweren Verläufen lebensbedrohlich sein kann. Außer einer Chemotherapie können auch zielgerichtete Therapien und die immunonkologische Therapie Durchfall verursachen. Ebenso ist eine Bestrahlung des Dick- und Dünndarms eine mögliche Ursache. Aufgrund der Datenlage gibt es keine generelle Empfehlung für eine medikamentöse Prophylaxe des Durchfalls als Standardvorgehen. Zur Behandlung hat sich bei unkompliziertem Verlauf von Durchfall unter Chemotherapie oder Bestrahlung die Gabe von Loperamid als Standardtherapie empfohlen. Loperamid ist ein im Darm wirksames Opioid, das zur Verlangsamung der Darmbewegungen (Peristaltik) und Verminderung der Sekretion beiträgt. Durchfall während einer immunonkologischen Therapie beruht auf einer überschießenden Immunreaktion, die eine Darmentzündung (Kolitis) hervorrufen kann. Daher muss umgehend der behandelnde Arzt darüber informiert werden. Für das ärztliche Management von immunvermitteltem Durchfall stehen speziell entwickelte Behandlungsalgorithmen und Leitlinien zur Verfügung.
Knochenmark-Insuffizienz
Eine Chemotherapie beeinträchtigt nicht nur Tumorzellen, sondern auch andere Gewebe. Dazu gehört vor allem auch das Knochenmark, das die blutbildenden Zellen produziert.
Infolgedessen kann während einer Chemotherapie eine Verminderung von Blutzellen auftreten. Dies wird Knochenmarksuppression (lat. Suppression: Unterdrückung, Hemmung) genannt. Betroffen sein können einzelne oder auch alle Zellreihen.
Hämatologische Nebenwirkungen
Weiße Blutkörperchen
Bei manchen Chemotherapie-Protokollen, beispielsweise bei einer Hochdosis-Chemotherapie, ist zu erwarten, dass die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) sehr stark absinken. Dann ist die Abwehrfunktion (Immunfunktion) des Körpers eingeschränkt und die Gefahr von Infektionen steigt.
Um diesen Mangel an weißen Blutkörperchen (Neutropenie) zu verhindern, können vorbeugend Granulozyten-Wachstumsfaktoren (kurz: G-CSF) gegeben werden. Diese Medikamente, die subkutan verabreicht werden, fördern die Bildung der weißen Blutzellen – der Granulozyten – im Knochenmark.
Rote Blutkörperchen
Zu den Blutzellen, deren Bildung im Knochenmark bei einer Chemotherapie gestört sein kann, gehören auch die roten Blutkörperchen (Erythrozyten).
Durch die zu geringe Aufnahme von Sauerstoff kann in Folge eine Blutarmut (Anämie) mit zunehmender Müdigkeit und eingeschränkter Leistungsfähigkeit auftreten.
Sind diese Symptome stark ausgeprägt, können Bluttransfusionen mit Erythrozyten-Konzentraten notwendig sein oder Betroffene erhalten Erythropoese-stimulierende Agenzien (ESA), die die Bildung von Wachstumsfaktoren anregen.
Diese Substanzen können die Lebensqualität verbessern und die Häufigkeit notwendiger Bluttransfusionen verringern, jedoch auch Nebenwirkungen verursachen (thromboembolische Komplikationen und Bluthochdruck).
Akute Infusionsreaktionen
Akute Infusionsreaktionen können bei verschiedenen Therapien auftreten, die bei einer Krebsbehandlung eingesetzt werden. Dazu gehört insbesondere die Gabe monoklonaler Antikörper im Rahmen einer immunonkologischen Therapie oder zielgerichteten Therapie.
Um dies zu verhindern, können die Patienten zur Vorbeugung vor der Infusion meist eine Prophylaxe mit Paracetamol, Antihistaminika und Kortison erhalten.
Zur Behandlung einer akuten Infusionstherapie können beispielsweise Epinephrin, Salbutamol, Antihistaminika und Kortison eingesetzt werden.
Hautveränderungen
Haut- und Nagelveränderungen sind ebenfalls typische Nebenwirkungen einiger Tumorbehandlungen, insbesondere einer Strahlentherapie, der immunonkologischen Therapie sowie der zielgerichteten Therapie.
Hautausschlag (akneiformes Exanthem; engl. „rash“)
Als Nebenwirkung von Krebsmedikamenten kann ein akneähnlicher (akneiformer) Hautausschlag mit Rötung und Schuppung, Knötchenbildung und juckenden Pusteln auftreten. Das ist besonders häufig der Fall bei zielgerichteten Medikamenten, die sich gegen den epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor (EGFR) richten. Betroffen ist vor allem das Gesicht, die Kopfhaut, Brust und der obere Rücken.
Für einige dieser zielgerichteten Medikamente steht die Hautreaktion im direkten Zusammenhang mit dem Ansprechen auf die Therapie und kann ein Hinweis darauf sein, dass das Medikament gut wirkt.
Zur Vorbeugung und Behandlung der Hautreaktionen sind je nach Bedarf verschiedene Medikamente verfügbar.
Zudem ist ein sorgfältiger Schutz der Haut vor Druck, Hitze, Feuchtigkeit und Ver-letzungen durch den Patienten selbst wichtig:
- Nicht lange baden, nur kurz und lauwarm (nicht heiß) duschen
- Haut vorsichtig mit Handtuch abtupfen
- Milde, medizinisch getestete Hautpflegemittel verwenden, die frei von Duftstoffen und Parfüm sind
- Keine Nassrasur
- Keine zu eng anliegende Kleidung
- Schutz vor direktem Sonnenlicht, lichtundurchlässige Kleidung verwenden, kein Sonnenstudio
- Eincremen der Haut mindestens zweimal am Tag mit Cremes, die 5% bis 10 % Harnstoff (Urea) enthalten
Hand-Fuß-Syndrom
Das Hand-Fuß-Syndrom (HFS), medizinisch auch palmar-plantare Erythrodysästhesie (PPE) genannt, bezeichnet eine schmerzhafte Rötung und Schwellung an den Handinnenflächen und Fußsohlen. Erste Anzeichen können Gefühlsstörungen wie Taubheit, Kribbeln oder Brennen sein. Das HFS kann als Nebenwirkung mancher Chemotherapie- sowie zielgerichteter Medikamente auftreten.
Als vorbeugende Maßnahmen empfehlen die Leitlinien:
- Reibungen, Hitze und Druck auf Händen und Füßen vermeiden; z. B. kein Heben und Tragen schwerer Lasten, keine längeren Spaziergänge
- Beine hochlagern, um die Füße zu entlasten
- Weite, bequeme Schuhe tragen, die nicht drücken
- Keine scharfen Reinigungsmittel oder Desinfektionsmittel verwenden
- Bei der Haus- und Gartenarbeit Handschuhe tragen
- Eincremen der Hände und Füße mehrmals täglich mit Cremes, die 5% bis 10 % Harnstoff (Urea) enthalten
- Unter Therapie mit Docetaxel kann das Auflegen von Kühlkissen auf Hände und Füße hilfreich sein
Zur Behandlung des HFS können je nach Bedarf und Schweregrad verschiedene Medikamente angeboten werden.
Anhaltende Erschöpfung (Fatigue)
Als Fatigue wird eine besonders starke, krankhafte Müdigkeit und Erschöpfung beschrieben, unter der viele Krebspatienten leiden und die sehr belastend für die Betroffenen und ihr familiäres und soziales Umfeld sein kann.
Die Fatigue lässt sich nicht auf eine Ursache allein reduzieren, sondern hat viele Auslöser, die oft gleichzeitig vorhanden sind. Dazu gehören vor allem
- die Tumorerkrankung selbst
- Folgen der Behandlung
- Psychische Auswirkungen (Angst, Depression, Stress)
- Begleiterkrankungen
- Schlafstörungen
- Mangelernährung
- Mangel an körperlicher Bewegung
Ebenso viele Behandlungsansätze gibt es derzeit, dazu gehören vor allem:
- Behandlung einer Blutarmut (Anämie)
- Behandlung von Stoffwechselstörungen (z. B. Schilddrüsenfunktionsstörungen oder Diabetes mellitus)
- Kontrolliertes Training mit moderater Anstrengung; als besonders wirksam haben sich die Kombination von Ausdauertraining (2 bis 3 mal pro Woche) und Krafttraining (1 bis 2 mal pro Woche) unter Anleitung erwiesen
- Psychoonkologische Unterstützung
- Mind Body-Verfahren, z. B. Yoga, Meditation, Entspannungsverfahren, autogenes Training
Knochenkomplikationen
Komplikationen im Bereich des Knochenskelettes sind häufige und für den Patienten äußerst belastende Ereignisse. Sie können entweder bedingt durch die Tumortherapie oder als Folge des Ausstreuens von Tumorzellen in den Knochen auftreten (Knochenmetastasen).
Knochemetastasen können zur einer Zerstörung des Knochens führen und starke Schmerzen sowie Knochenbrüche verursachen.
Um dies wirksam zu behandeln, können vor allem die folgenden Medikamente eingesetzt werden:
- Bisphosphonate
Bisphosphonate hemmen den Knochenabbau und schützen so vor weiterer Zerstörung durch Knochenmetastasen.
Bisphosphonate sind als Infusion in eine Vene gegeben oder als Tablette verfügbar.
- Denosumab
Eine weitere Möglichkeit des Knochenschutzes bietet die Behandlung mit dem monoklonalen Antikörper Denosumab, der alle vier Wochen subkutan verabreicht wird.
Denosumab wirkt über eine Blockade der knochenabbauenden Zellen (Osteoklasten).
Schmerzen
Bei tumorbedingten Schmerzen bieten effektive Schmerzmedikamente (Analgetika) die schnellste und wirksamste Hilfe.
Bei entsprechender Verwendung und Indikation führen sie nicht zur Abhängigkeit und sind auch sonst mit vergleichsweise wenigen Nebenwirkungen behaftet.
Allgemein werden zwei Gruppen von Schmerzmedikamenten unterschieden:
- Opioide, die sich chemisch vom Opium ableiten lassen
- Alle anderen Schmerzmittel, die als Nicht-Opioide bezeichnet werden
In welcher Reihenfolge die verfügbaren Schmerzmedikamente eingesetzt werden können, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in dem sogenannten WHO-Stufenschema beschrieben.
Nicht-Opioide
Zur Gruppe der Nicht-Opioide gehören viele Schmerzmittel, die allgemein häufig zur Therapie von Schmerzen eingesetzt werden. Keines dieser Schmerzmittel fällt unter das Betäubungsmittelgesetz.
Eine wichtige Gruppe der Nicht-Opioide sind Medikamente, die entzündungshemmend, fiebersenkend und schmerzlindernd wirken. Sie werden unter der Bezeichnung "Nicht-steroidalen Antirheumatika" zusammengefasst, abgekürzt NSAR.
Der Begriff erklärt sich daraus, dass diese Medikamente ursprünglich für rheumatische Erkrankungen entwickelt wurden und kein Kortison enthalten.
Zu den NSAR gehören beispielsweise
- Ibuprofen
- Diclofenac
- Acetylsalicylsäure (ASS)
- Indometacin
Zu den möglichen Nebenwirkungen von NSAR gehören vor allem:
- Beschwerden im Verdauungstrakt
- Übelkeit und Erbrechen
- Oberbauchschmerzen
- Magengeschwüre
- Nierenschädigung
Paracetamol und Novaminsulfon gehören ebenfalls zur Gruppe der Nicht-Opiode. Beide Substanzen wirken auch schmerzlindernd und fiebersenkend, aber so gut wie nicht entzündungshemmend.
Opioide
Opioide wirken schmerzlindernd durch die Bindung an spezifische Rezeptoren, die vor allem im Gehirn und im Rückenmark zu finden sind.
Damit werden die Weiterleitung und Verarbeitung von Schmerzreizen über die Schmerzbahnen zum Gehirn
blockiert.
Allgemein wird zwischen schwächeren und starken Opioiden unterschieden.
Beispiele für schwach wirksame Opioide sind
- Tilidin
- Tramadol
Beispiele für stark wirksame Opioide sind
- Oxycodon
- Morphin
- Hydromorphon
- Alfentanil
- Buprenorphin
- Methadon
- Fentanyl
- Tapentadol
Alle diese Medikamente sind verschreibungspflichtig. Zudem fallen alle stark wirksamen Opioide unter das Betäubungsmittel- (BTM) gesetz und bedürfen einer besonderen Verordnung mit BTM-Rezepten.
Mögliche Nebenwirkungen von Opioiden
Opioide verursachen auch bei Langzeitanwendung keine Organschäden und zählen somit in der Onkologie zu den sichersten Medikamenten.
Trotzdem kann es zu Nebenwirkungen kommen, zu denen vor allem die folgenden gehören:
- Magen-Darm-Störungen
- Verstopfung (Obstipation)
- Wichtig ist daher die frühzeitige vorbeugende Gabe von Abführmitteln (Laxanzien) während der gesamten Zeit der Opiod-Therapie
- Übelkeit und Erbrechen
- Dies kann mit entsprechenden brechreizlindernden Medikamenten (Anti-Emetika) wirksam gelindert werden
- Verstopfung (Obstipation)
- Störungen des zentralen Nervensystems (ZNS)
- Bewusstseinsstörungen (Benommenheit)
- Konzentrationsstörungen
- Kopfschmerzen
- Halluzinationen
- Verstärktes Schmerzempfinden
Nur bei einer zu hohen Dosis und/oder der zu schnellen Gabe von Injektionen oder Tropfen besteht die Gefahr der Störung des Atemantriebs (Atemdepression).
WHO-Stufenschema
Das Stufenschema der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterscheidet zwischen schwachen, mittelstarken und starken Schmerzen und empfiehlt für diese drei Stufen bestimmte Medikamente.
Das Stufenschema versteht sich dabei nicht als ein starrer Plan, der zwangsläufig von Stufe 1 bis Stufe 3 durchlaufen werden muss.
Vielmehr sollten die Medikamente eingesetzt werden, die der Patient entsprechend der Stärke seiner Schmerzen benötigt.Schmerzen
Verabreichungsformen von Opioiden
Die übliche Darreichungsform von Opioiden bei chronischen Schmerzen ist die orale Gabe. Zur Verfügung stehen dafür Tabletten, Kapseln, Tropfen, Brause- oder Lutschtabletten, Sticks, Granulat oder Saft.
Die Opioide Fentanyl und Buprenorphin können auch über ein Hautpflaster (transdermal) appliziert werden.
Opioide in Form von Zäpfchen (rektal) können beispielsweise vorübergehend bei Übelkeit und Erbrechen eingesetzt werden, wenn die Einnahme von Tabletten und Tropfen nicht möglich ist.
In diesem Fall können auch subkutane oder intravenöse Dauerinfusionen mit Hilfe von Infusionspumpen sinnvoll sein. In besonderen Situationen ist auch die rückenmarksnahe (epidurale/intrathekale) Applikation möglich.
Bei den Dauerinfusionen ist die patienten-kontrollierte Schmerztherapie möglich (engl. "Patient Controlled Analgesia"; PCA). Dabei kann sich der Patient neben der fixen vorgegebenen Dauerapplikation des Schmerzmittels per Knopfdruck nach Bedarf einen zusätzlichen Bolus (schnelle Gabe eines Medikaments innerhalb eines kurzen Zeitraums) verabreichen.
Nervenschäden
Eine Schädigung des peripheren Nervensystems (periphere Neuropathie), das außerhalb des Zentralnervensystems (ZNS) und Rückenmarks liegt, ist eine häufige Nebenwirkung einiger Chemotherapeutika, insbesondere Platin-Derivaten, Taxanen und Vinca-Alcaloiden, sowie einer immunonkologischen Therapie.
Die Symptome der so genannten Chemotherapie induzierten peripheren Neuropathie (CIPN) können vielseitig sein:
- Schmerzen
- Missempfindungen (Parästhesien) wie Kribbeln, Taubheitsgefühl
- Beeinträchtigungen des Vibrationsempfindens
Typisch sind an den Fingerspitzen und/oder Zehen beginnende Symptome, die sich im weiteren Verlauf handschuh- bzw. strumpfförmig ausbreiten. Zudem können auch motorische Störungen wie Lähmungen (Paresen) und Muskelkrämpfe auftreten.
Unter immunonkologischer Therapie können ebenfalls Nervenschäden auftreten. Dazu gehören vor allem:
- Muskelschwäche
- Missempfindungen
- Sensibilitätsstörungen
Um einem Funktionsverlust durch eine CIPN vorzubeugen, wird empfohlen, schon mit Beginn einer potenziell nervenschädigenden Chemotherapie ein entsprechendes Bewegungstraining vor allem der Finger und Zehen durchzuführen.
Es stehen bisher keine standardisierten medikamentösen Maßnahmen zur Prophylaxe oder Behandlung der CIPN zur Verfügung. Zur Therapie kann die Gabe von Antidepressiva (off label) erwogen werden. Opioide sind wirksame Medikamente bei Patienten mit neuropathischen Schmerzen.
Für das Management einer immunvermittelten Nervenschädigung sind für den behandelnden Arzt speziell entwickelte Behandlungsalgorithmen und Leitlinien erhältlich.
Zytokinfreisetzungssyndrom (CAR-T-Zelltherapie)
Das Zytokinfreisetzungssyndrom (cytokine release syndrome, CRS) ist die bisher häufigste akute Nebenwirkung von CAR-T-Zell-Therapien. Beim CRS handelt es sich um eine Aktivierung des Immunsystems mit der Freisetzung hoher Konzentrationen pro-entzündlicher Botenstoffe, sog. inflammatorischer Zytokine, durch Immunzellen. Das CRS kann leicht oder mäßig ausgeprägt sein, es kann jedoch auch schwer verlaufen oder sogar lebensbedrohlich sein und rasches ärztliches Eingreifen sowie eine Intensivbehandlung erfordern. Die Hälfte der Patienten aus frühen CAR-T-Zell-Studien benötigten ein intensives Pflegemanagement.
Typischerweise tritt das CRS innerhalb einer Woche nach der CAR-T-Zell-Infusion auf und klingt innerhalb von 7-8 Tagen ab; es kann jedoch über 30 Tage hinaus bestehen bleiben.
Sein erstes Anzeichen ist in der Regel Fieber, das innerhalb weniger Stunden bis über eine Woche nach Infusion der CAR-T-Zellen beginnt und auf > 40 °C ansteigen kann. Weitere Symptome des CRS sind Muskelsteifigkeit, Unwohlsein, Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen und Appetitverlust. Schnell kann sich ein lebensbedrohliches Krankheitsbild entwickeln, das durch eine erhöhte Durchlässigkeit der Kapillargefäße (Kapillarleck-Syndrom), Hypotonie und Hypoxie sowie durch eine Störung der Herzfunktion, Nierenschädigung, Leberversagen und Gerinnungsstörungen (Verbrauchskoagulopathie bzw. disseminierte intravasale Gerinnung) gekennzeichnet ist. Verbunden ist das Auftreten der Symptome mit deutlichen Anstiegen der Zytokinkonzentrationen im Serum, unter anderem von Interferon-γ, Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierendem Faktor (GM-CSF) sowie von Interleukinen (IL), z. B. IL-10 und IL-6. Erhöhte IL-6-Spiegel unter einer CAR-T-Zell-Therapie können dabei mit einem schwerer ausgeprägten CRS verbunden sein.
Risikopatienten für die Entwicklung eines schweren CRS sind Patienten mit hoher Tumorlast, mit Begleiterkrankungen und mit frühem CRS-Beginn innerhalb von 3 Tagen nach der Infusion der CAR-T-Zellen.
Die ärztliche Behandlung des CRS besteht vordringlich in der Unterdrückung der starken Entzündungsreaktion:
- IL-6-Blockade
Zugelassen zur Behandlung des CRS ist Tocilizumab, ein Antikörper, der die Wirkung von IL-6 am IL-6-Rezeptor hemmt. - Kortikosteroide
Sie wirken entzündungshemmend und sind außer beim CRS auch bei der Behandlung von Nebenwirkungen nach CAR-T-Zell-Therapien wirksam, die verschiedene Organsysteme betreffen können.
Darüber hinaus werden je nach Symptomatik unterstützende Behandlungen eingesetzt, beispielsweise zur Stabilisierung des Blutdrucks und zur Besserung der Sauerstoffversorgung. Die Sauerstoffgabe kann bei höherem Schweregrad im Extremfall auch eine Beatmung des Patienten unter Intensivbedingungen erfordern.
Neurologische Nebenwirkungen (CAR-T-Zelltherapie)
Bei CAR-T-Zelltherapien wurden auch neurologische Nebenwirkungen beobachtet, die sich u.a. durch Kopfschmerzen, Halluzinationen, Vigilanzminderung oder Verlust des Sprachvermögens bemerkbar machen können. Auch ein verwaschenes Schriftbild kann frühzeitig in Erscheinung treten und damit zur Früherkennung einer Neurotoxizität herangezogen werden. Häufig treten neurologische Nebenwirkungen unter CAR-T-Zelltherapie während oder kurz nach überstandenem Zytokinfreisetzungssyndrom auf. Auch die neurologischen Nebenwirkungen können sich zu Notfallsituationen entwickeln und müssen umgehend behandelt werden. Die Ursachen der CAR-T-assoziierten neurologischen Nebenwirkungen (auch bekannt als Immune effector cell-associated neurotoxicity syndrome: ICANS) sind nicht vollständig geklärt und Gegenstand aktueller Forschung.