Unter dem Begriff "Zielgerichtete Therapien" werden Medikamente zusammen gefasst, die sich gezielt gegen bestimmte biologische Merkmale des Tumors richten, die das Wachstum der Tumorzelle fördern. Häufig wird auch der englische Begriff "Targeted therapies" verwendet.1,2
Zielgerichtete Therapien sind heute Bestandteil in der Behandlung verschiedener Tumorerkrankungen und können prinzipiell
eingesetzt werden.
Diese Medikamente nützen jedoch nicht allen Patienten. Denn die jeweiligen Zielstrukturen, gegen die sie sich richten, müssen im Tumorgewebe tatsächlich vorhanden sein.1,3
Daher werden zuvor mit speziellen Tests die biologischen Merkmale des Tumors bestimmt. Damit lässt sich herausfinden, ob der Patient von einer zielgerichteten Therapie profitieren kann.1
Wichtige Ansatzpunkte einer zielgerichteten Therapie sind insbesondere:1,2,3
Eingesetzte Medikamente sind vor allem monoklonale Antikörper und Tyrosinkinase-Hemmer.
Angriffspunkte von zielgerichteten Therapien mod. nach4
Antikörper sind bestimmte Eiweißstoffe, die im körpereigenen Abwehrsystem (Immunsystem) eine wichtige Rolle spielen.
Für die Behandlung verschiedener Tumorerkrankungen wurden künstlich hergestellte Antikörper entwickelt, die sich gegen Krebszellen richten.4 Monoklonale Antikörper werden von einer Zelllinie (Zellklon) gebildet. Sie sind damit "baugleich" und genetisch komplett identisch.
Der Wirkstoffname von monoklonalen Antikörpern endet auf „-mab“, was sich vom englischen Begriff "Monoclonal Antibody" ableitet.1,3,5
Monoklonale Antikörper werden als intravenöse Infusion oder subkutan verabreicht.5
Die Hauptaufgabe von Rezeptor-Tyrosinkinasen ist die stufenweise Weiterleitung von Signalen im Zellinneren (intrazellulär) bis zum
Fehlfunktionen von Tyrosinkinasen sind an vielfältigen Vorgängen bei der Tumorentstehung und beim Tumorwachstum beteiligt. Dazu gehören vor allem die aktivierte Weiterleitung von Wachstumssignalen sowie die Bildung von neuen Blutgefäßen (Angiogenese).
Tyrosinkinase-Hemmer (Tyrosinkinase-Inhibitoren; TKI) sind Arzneimittel, die die Weiterleitung dieser Signale unterbinden.1
Einige Tyrosinkinase-Hemmer blockieren spezifisch nur einzelne Tyrosinkinasen, andere dagegen mehrere Kinasen.5 Diese Arzneimittel werden daher Multikinase-Hemmer genannt.
Der Wirkstoffname von Tyrosinkinase-Hemmern endet auf „-mib“ oder "nib".1
Tyrosinkinase-Hemmer werden als Tablette verabreicht.5
Ebenso wie gesunde Zellen, benötigen auch Tumorzellen Sauerstoff und Nährstoffe, um zu überleben und weiter zu wachsen.1,2,3
Ab einer bestimmten Tumorgröße sind die vorhandenen Blutgefäße dafür nicht mehr ausreichend.1,2,3 Für die weitere Versorgung regen Krebszellen die Bildung neuer Blutgefäße an. Dieser Vorgang wird "Angiogenese" genannt.
Ein wichtiger Botenstoff ist dabei der so genannte vaskuläre endotheliale Wachstumsfaktor (engl. Vascular Endothelial Growth Factor; VEGF).1,2,3 VEGF bindet an Rezeptoren auf der Oberfläche von Blutgefäßzellen, die das Signal ins Zellinnere weiterleiten und so das Wachstum der Blutgefäßzellen fördern.
Mit dem Prinzip der Anti-Angiogenese und der Behandlung mit Angiogenese-Hemmern lässt sich die Gefäßneubildung unterbinden.1,2 Die Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen wird unterbrochen und der Tumor damit regelrecht "ausgehungert".
Angiogenese-Hemmer können prinzipiell über zwei unterschiedliche Wirkansätze die Bildung neuer Blutgefäße unterbinden:1,5
Allgemein werden das Wachstum und die Vermehrung von Zellen durch eine komplexe Weiterleitung von Signalen gesteuert.1
Dabei binden spezielle Botenstoffe (Wachstumsfaktoren) an Rezeptoren auf der Zelloberfläche.1,5 Durch diese Bindung werden im Inneren der Zelle gelegene Tyrosinkinasen aktiviert, die die Signale stufenweise („Signaltransduktion“) an den Zellkern weiterleiten.
Bei verschiedenen bösartigen Tumoren finden sich eine vermehrte Produktion von Rezeptoren für Wachstumsfaktoren oder eine überaktivierte Weiterleitung von Wachstumssignalen im
Die vermehrten Wachstumssignale können prinzipiell über zwei unterschiedliche Wirkansätze unterbunden werden:1,2,5
Hemmung der Proteasomen
Proteasome sind in allen Zellen des menschlichen Körpers vorhanden und spielen unter anderem eine wichtige Rolle bei der Entsorgung von Eiweißstoffen.1,2
Tumorzellen produzieren im Vergleich zu gesunden Zellen mehr Eiweißstoffe, daher sind die Proteasome meist hier besonders aktiv.1,5
Proteasom-Hemmer blockieren die normale Funktion der Proteasomen. Sie bewirken damit, dass der programmierte Zelltod (Apoptose) in Gang gesetzt wird und die Tumorzellen absterben.1,5
Ein Beispiel für einen Proteasom-Hemmer ist das Medikament Bortezomib, das als Tablette eingenommen wird.
mTOR-Hemmung
mTOR ist ein Schlüsseleiweiß für die Steuerung zentraler Vorgänge beim Tumorwachstum.2
Mit mTOR-Hemmern lassen sich vor allem das Zellwachstum sowie die Neubildung von Blutgefäßen (Angiogenese) unterbinden.2
Beispiele für mTOR-Hemmer, die in der Onkologie eingesetzt werden, sind Everolimus und Temsirolimus.3 Beide Medikamente werden als Tablette eingenommen.
BRAF- und MEK-Hemmung
Bei 40% bis 60% der malignen Melanome ("Schwarzer Hautkrebs") findet sich eine Veränderung (Mutation) des sogenannten BRAF-Gens.6 Dies führt zu einer Aktivierung des BRAF- und des MEK-Signalweiterleitungsweg. Diese Aktivierung bedingt eine unkontrollierte Vermehrung von Melanomzellen.
Vor diesem Hintergrund wurden BRAF- und MEK-Hemmer (Inhibitoren) entwickelt, die jeweils den BRAF- und den untergeordneten MEK-Signalweg blockieren und damit die Weiterleitung von Wachstumsreizen unterbinden.7
Zunächst wurden die BRAF-Hemmer Vemurafenib und Dabrafenib als jeweilige Einzeltherapie (Monotherapie) eingesetzt. Nach gutem und schnellen Ansprechen war jedoch der Therapieerfolg bei den meisten Patienten aufgrund der Entwicklung von Resistenzen begrenzt.7
Dies ließ sich durch die jeweilige Kombination mit den MEK-Hemmern Trametinib und Cobimetinib überwinden und die Dauer des Ansprechens sowie das Gesamtüberleben deutlich verlängern.6,7
Daher empfehlen die aktuellen S3-Leitlinien bei Patienten mit metastasiertem oder nicht operablem Melanom mit nachgewiesener BRAF-Mutation die Therapie mit einem BRAF-Hemmer in Kombination mit einem MEK-Hemmer.6
Zielgerichtete Therapien sollen idealerweise nur gegen Tumorzellen gerichtet sein.2
Da jedoch auch in einigen gesunden Zellen die Zielstrukturen der zielgerichteten Therapien in relativ hoher Konzentration vorkommen können, sind Nebenwirkungen
Dazu gehören typischerweise:
Welche Maßnahmen zur Vorbeugung und Management dieser kutanen Nebenwirkungen zur Verfügung stehen, lesen Sie bitte unter "Supportive Therapien".
Mehr zum Management und zur möglichen Vorbeugung des Hand-Fuß-Syndroms lesen Sie bitte unter "Supportive Therapien".
Zu den häufigsten möglichen Nebenwirkungen der kombinierten BRAF-/MEK-Hemmung gehören zudem6